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Chlorogensäurederivate und andere

Antioxidantien in Kaffee

Kaffee ist weltweit eines der am meisten konsumierten Getränke. Neben der anregenden Wirkung durch Koffein und dem von vielen Verbrauchern geschätzten Aroma zeichnet sich Kaffee durch einen hohen Gehalt an Antioxidantien, vor allem Chlorogensäurederivaten, aus.

Kaffee, Quelle für verschiedenste Chlorogensäuren

Chlorogensäure ist als Kaffeebestandteil lange bekannt. Inzwischen weiß man, dass nicht nur die n-Chlorogensäure (5-CQA), sondern auch die 3-Monocaffeoyl- und di-Caffeoylchinasäuren mengenmäßig wichtig sind [1]. Daneben wurden und werden weitere Verbindungen dieses Typus identifiziert [2,3], die aber meist in deutlich geringerer Menge vorkommen. Nach [3] sind derzeit in Robusta-Kaffee über 60 verschiedene Verbindungen identifiziert worden, in Arabica-Kaffee sind es etwas weniger. Chlorogensäuren in Kaffee werden bereits seit Langem für die antioxidativen Wirkungen verantwortlich gemacht [4]. Verschiedene Arbeiten gehen von einer, verglichen mit z.B. verschiedenen Flavonoiden, deutlich besseren Bioverfügbarkeit aus. Auch mögliche antidiabetische Wirkungen von Kaffee werden mit den Chlorogensäuren in Zusammenhang gebracht [5, 6]. Unter dem Begriff Chlorogensäuren versteht man im engeren Sinne Caffeoylchinasäuren, im weiteren Sinne Hydroxyzimtsäurederivate, die mit der Chinasäure verestert sind. Abbildung 1 gibt einige wenige Strukturbeispiele. Es sind inzwischen z.B. auch eine Reihe von Derivaten der Dimethoxyzimtsäure, der Sinapinsäure sowie eine Anzahl weiterer Mischester beschrieben worden [3]. Rohkaffee enthält normalerweise 6,5–8 % an Chlorogensäuren.
Bei der Röstung werden die CQA abgebaut oder zumindest verändert, sodass die Gehalte im Röstkaffee meist um ca. 30 – 70 % geringer sind. Als Faustregel kann gelten, dass der Gehalt mit steigendem Röstverlust, also stärkerer Röstung, abnimmt. Abbildung 2 zeigt die Gehalte an einigen Chlorogensäurederivaten in einem Röstkaffee des Handels, wobei die Gehalte wie erwähnt vom Röstgrad abhängen.

Chlorogensäureprofile könnten auch zum Authentizitätsnachweis von Kaffee beitragen [7, 8]. Hier ist eine wichtige Fragestellung in der Überprüfung, ob es sich bei einem Kaffee um einen Robusta- oder einen Arabica-Kaffee handelt. Dies wird derzeit meist mit einer Bestimmung des Diterpens 16-O-Methylcafestol überprüft, welches nach derzeitigem Kenntnisstand nur in Robusta in relevanter Menge vorkommt. Weitere Ansätze wie PCR haben ähnliche Nachteile wie die Chlorogensäureprofile: Der Authentizitätsnachweis wird für Rohkaffee möglich sein, jedoch durch die Röstung erschwert oder nicht möglich sein. Neben den niedermolekularen Stoffen tragen sicherlich auch die Melanoidine zur (in-vitro) antioxidativen Wirkung bei. In einem neueren Review [9] werden den Melanoidinen zahlreiche weitere Wirkungen zugeordnet.

Röstung, die heiße Veränderung

Derivate der Chlorogensäuren, die bei der Röstung entstehen, werden zumindest für einen Teil der Bitterkeit von Kaffee verantwortlich gemacht. Der Nachweis der Chlorogensäurelactone gelang bereits vor fast 20 Jahren [10], ihre Bitterkeit wurde etwas später entdeckt [11] und kürzlich bestätigt [12]. Es gibt hier zahlreiche Möglichkeiten, welche Verbindungen entstehen, da sich insbesondere aus dem Chinasäureteil (1-, 3-, 4-, 5- Tetrahydroxycyclohexancarbonsäure) unterschiedliche Konformationen bilden können; Details hierzu kann man z.B. bei Frank et al. [12] finden. In Abbildung 1 ist auch ein wichtiges Chlorogensäurelacton gezeigt. Beschrieben sind neben den Caffeoylchinasäurelactonen (CQL) auch Feruloylchinasäurelactone und p-Cumaroylchinasäurelactone [13]. Auch Lactone der DiCQA sind beschrieben [13]. Die Gehalte an 3-CQL und 4-CQL liegen bei einem normalen Röstkaffee in der Größenordnung von 1 – 2 g/kg, wobei die Gehalte
an 3-CQL meist höher sind als die an 4-CQL. Die Gehalte an den anderen Lactonen sind deutlich niedriger. Chlorogensäurelactone sind auch physiologisch interessante Verbindungen. Chu et al. [14] stellten in Experimenten mit Zellkulturen u.a. fest, dass die CQL eine hohe neuroprotektive Aktivität aufweisen. Die phenolischen Säuren leisten einen Beitrag zum sauren Geschmack des Kaffees; dominiert wird dieser jedoch durch Essig- und Ameisensäure, die während der Röstung gebildet werden. Nach Arbeiten von Maier sind vor allem Essig-, Citronen-, Chlorogen-, Ameisen-, Äpfel-, Pyrrolidoncarbon-, China-, Hydroxyessig- und Phosphorsäure wichtig für den sauren Geschmack des Kaffeegetränkes [15]. Die antioxidative Aktivität wird auch durch Behandlungen wie Entkoffeinierung und die Zubereitungstechnik beeinflusst. So stellten Alves et al. [16] fest, dass entkoffeinierte Espresso-Kaffees eine geringere antioxidative Aktivität aufwiesen als unbehandelte.

Antioxidativ, aber auch bioverfügbar?

Grundsätzlich zu beachten ist die Bioverfügbarkeit von Antioxidantien. Hierbei ist es nicht ausreichend, nur die intakten Verbindungen zu betrachten, sondern es muss zur Erfassung auch nach möglicherweise aktiven Metaboliten in Plasma und Urin gesucht werden [17]. Neue Produkte: Vor einigen Jahren kam in Australien die „Greenblend“, eine Mischung aus Roh- und Röstkaffee-Extrakt, auf den Markt [18]. Der Rohkaffeeextrakt wurde vorrangig wegen des hohen Gehaltes an Chlorogensäuren zugesetzt und entsprechend beworben. Geschmacklich entspricht Rohkaffee jedoch nicht den Erwartungen der Verbraucher an einen Kaffee, sodass er als solcher praktisch nicht getrunken wird. Die beworbene gesundheitliche Wirkung wird ebenfalls kontrovers diskutiert. Nach [19] hatte ein stark gerösteter Kaffee mit vergleichsweise geringen Gehalten an Chlorogensäurederivaten und einem hohen Gehalt an N-Methylpyridiniumionen (NMP), verglichen mit einem schwach gerösteten (viel CQA, wenig NMP), ausgeprägtere physiologische Wirkungen.

Analytik, altbewährt und doch manchmal schwierig

Zur analytischen Bestimmung bedient man sich derzeit beinahe ausschließlich der RPHPLC mit UV-Detektion. Die analytische Bestimmung der Verbindungen ist insofern limitiert, als es nur wenige der Substanzen als Kalibrierstandards zu kaufen gibt. Falls MSn zur Verfügung steht, können aufgrund der Arbeiten von Clifford et al. [20] die Isomere aufgrund des charakteristischen Fragmentierungsmusters unterschieden werden.
Für die quantitativen Bestimmungen behilft man sich oft damit, dass eine Eichkurve mit 5-CQA erstellt wird und die anderen zu bestimmenden Isomere, z.T. mithilfe von Faktoren, berechnet werden. Für zahlreiche der neu identifizierten Verbindungen gibt es keine Mengenangaben außer der, dass diese im Vergleich zu den CQA, FQA und CQLs in einer deutlich geringeren Konzentration vorhanden sind.

Und in Zukunft?

Wo liegen heute unsere wichtigsten Kenntnislücken über (antioxidativ) wirksame Verbindungen in Kaffee? Wie eigentlich bei allen Lebensmitteln weiß man über die hochmolekularen Verbindungen relativ wenig. In verschiedenen Untersuchungen deutete sich an, dass die Melanoidine nicht alle zwingend sehr hohe molare Massen haben müssen. Die physiologischen Wirkungen verschiedener Kaffeeinhaltsstoffe werden derzeit intensiv bearbeitet, sodass hier in näherer Zukunft neue Erkenntnisse zu erwarten sind.

Foto: © Prof. Dr. Ulrich Engelhardt

L&M 6 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2011.
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