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Neue Wege in der Herstellung flüssig gefüllter Pralinen

Neue Wege in der Herstellung flüssig gefüllter Pralinen

Raffiniertes Inneres

Die Lebensmittelindustrie sucht ständig nach neuen Verfahren, um ihre Produkte effizient und mit möglichst geringem Energieeinsatz herstellen zu können. Die One-Shot-Technik, eine Art Co-Extrusion, wird bereits seit einiger Zeit zur Herstellung von speziell gestalteten oder gefüllten Süßwarenprodukten verwendet. Wie aber lassen sich Produkte mit flüssigen Füllungen wie etwa Likörpralinen mit diesem Verfahren produzieren?

Gefüllte Schokoladenartikel werden traditionellerweise im mehrstufigen Formwendeverfahren erzeugt. Dabei wird zuerst vorkristallisierte Schokoladenmasse in eine Form gegossen und nach teilweiser Erstarrung wird der flüssig verbliebene Anteil wieder entfernt. Die Hülsen werden in der Form gekühlt und nach dem Füllen und Aufbringen des Deckels aus Schokolade aus der Form ausgeschlagen. Bei Pralinen mit flüssiger Füllung ist ein zusätzlicher Schritt notwendig, da vor dem Aufbringen des Deckels ein tragfähiger Film auf der Oberfläche der Füllung gebildet werden muss. Um das Entstehen von Schrumpfungsrissen, die sich bei solchen Pralinen als Leckagen im Bereich der Nahtstelle zwischen Hülse und Deckel äußern, zu verhindern, wird vielfach die Wanddicke von Hülse und Deckel erhöht. Dies trägt allerdings zur Verringerung der sensorischen Akzeptanz bei, da dünnwandige Artikel, bei denen der aromatische Eindruck der Füllung klar dominiert, bevorzugt werden. Bei der Herstellung von Pralinen mit festen oder cremigen Füllungen gewinnen neue, effiziente Verfahren wie die One-Shot-Technik zunehmend an Bedeutung. Das Besondere dieser Technik ist die simultane Dosierung von Füllungs- und Hülsenmasse über konzentrische Düsen. Ein One-Shot-Produkt entsteht in einem Arbeitsschritt, es ist daher auch nur eine Kühlphase notwendig. Optische Güte und Stabilität der Produkte sowie die Verteilung der Füllungsmasse hängen maßgeblich von der Präzision des geometrieabhängigen Gießprogramms ab. Einmal eingestellt läuft die Produktion deutlich verkürzt, mit geringerem Energiebedarf und auf wesentlich kleineren Anlagen ab. Der Einsatz dieses Verfahrens musste sich bislang allerdings auf Massen mit ähnlichen Fließeigenschaften und Dichten beschränken. Trotz Bemühungen, diese Limitierung zu umgehen, konnten flüssig gefüllte Artikel noch nicht mit dem verkürzten Verfahren hergestellt werden.

Reversible Texturmodifizierung von Süßwarenmassen

Ein Weg zur Überwindung dieser Limitierung ist eine temporäre und reversible Viskositätserhöhung einer ansonsten dünnflüssigen Füllungsmasse zum Zeitpunkt des Vergießens. In der Lebensmitteltechnologie steht zur Modifizierung des Fließverhaltens eine Reihe von Hydrokolloiden zur Verfügung, die durch ihr Quellverhalten die Viskosität konzentrationsabhängig erhöhen. Diese Viskositätserhöhung muss für den konkreten Anwendungsfall aber beschränkt zeitstabil sein und darf nicht zu negativen Effekten auf die sensorische Qualität der Füllung – im konkreten Fall Likör- bzw. Weinbrandfüllungen – führen. Um die Rückverflüssigung der Füllungen nach dem Ausformen der Pralinen zu gewährleisten, wurden zudem Hydrokolloide gesucht, die während einer begrenzten Lagerzeit und bei Vorliegen einer Alkoholkonzentration von bis zu 20 % (v/v) durch Enzyme bzw. enzymhaltige Zusatzstoffe hydrolysiert werden können. Schwerpunkte der Untersuchungen waren anfangs die gezielte Auswahl von Verdickungsmitteln und substratspezifischen Enzympräparaten sowie die Erfassung von Verdickungseffekten und der Verflüssigungskinetik. Die Viskositätsveränderungen in den Füllungen wurden zeitabhängig als Funktion von Hydrokolloidkonzentration und Ethanolgehalt ermittelt. Um Aussagen zur Lagerstabilität der Pralinen in Abhängigkeit von der Füllungszusammensetzung und der Lagertemperatur zu erhalten, wurden Texturuntersuchungen und sensorische Tests mit Referenzbezug durchgeführt. Durch den Verdickungsmitteleinsatz hervorgerufene sensorische Abweichungen sollten hiermit diagnostiziert werden. Außerdem wurden Untersuchungen zur Bewertung der Fettreifstabilität durchgeführt.

Verdickung und Rückverflüssigung von Pralinenfüllungen

Als Basis für die Viskositätsuntersuchungen dienten Modellfüllungen aus Invertzuckersirup, Wasser und Weindestillat (60 % v/v) und als texturgebende Komponente eine kalt quellende, physikalisch modifizierte Wachsmaisstärke mit entsprechendem Quellvermögen. Die zum Erreichen einer Zielviskosität von 5 Pa.s notwendige Stärkemenge wurde in systematischen Untersuchungen in Abhängigkeit vom Ethanolgehalt der Füllung ermittelt. Die Viskositätszunahme nach Stärkezusatz und die Rückverflüssigung nach Zusatz von diastatischem Malzextrakt als Enzymträger wurden bei einer Schergeschwindigkeit von 30/s quantifiziert. In Vorversuchen gelangte zudem ein kommerzielles, flüssiges Amylasepräparat zum Einsatz. Vorgabe war, dass die modifizierten Füllungen bei einer Gießtemperatur von ca. 30 °C für mindestens 30 min viskositätsstabil sind, andererseits aber nach spätestens 2 Wochen bei 15 °C (durchschnittliche Lagertemperatur) eine Viskosität aufweisen, die der von handelsüblichen alkoholischen Füllungen (< 1 Pa.s) entspricht. Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Viskositätsverläufe einer Füllung mit 10 % Ethanol und 4,2 % Stärke nach Zusatz von Amylase in zwei Konzentrationen. Bei 30 °C war nach einem Amylasezusatz von 0.01 % für 60 min Viskositätskonstanz gegeben, während bei der höheren Enzymkonzentration bereits nach 30 min eine deutliche Viskositätsreduktion zu beobachten war. Bei 15 °C war die gewünschte Langzeit-Viskositätsabnahme ebenfalls vom Enzymzusatz abhängig. Auch bei der geringeren Einsatzmenge konnte nach 14 d die gewünschte Zielviskosität erreicht werden. In den nachfolgenden Versuchsansätzen wurde die Amylase durch entsprechende Mengen an Malzextrakt – definiert gemischt mit Invertzuckersirup – ersetzt, um die notwendigen Deklarationsvoraussetzungen zu schaffen. Tabelle 1 zeigt dazu die Rezepturen für Füllungen mit 0, 10 und 15 % (w/w) Alkoholgehalt, die mit Stärke auf eine Anfangsviskosität von 5 Pa.s eingestellt wurden. Der Saccharosezusatz ergab sich aus der Notwendigkeit, das Zucker/Wasser-Verhältnis auf einem vergleichbaren Wert zu halten und damit eine erhöhte Wasseraktivität durch den mit dem Weingeist eingebrachten Wasseranteil zu kompensieren. Die über einen Zeitraum von 60 d aufgenommenen Messwerte zeigen einen massiven Viskositätsabfall innerhalb von 10 d (Abb. 2). Nach etwa 30 d ist eine annährend konstante Endwertviskosität erreicht, die deutlich vom Alkoholgehalt beeinflusst wird. Vor allem bei der Füllung mit dem höchsten Alkoholgehalt könnte hier durch eine entsprechende Rezepturmodifikation (Erhöhung des Stärkeanteils) noch eine höhere Endviskosität erreicht werden. In sensorischen Experimenten hatten geschulte Prüfer die Aufgabe, Füllungen nach Tabelle 1 mit Referenzfüllungen ohne Stärke- und Malzextraktzusatz über Dreieckstests zu differenzieren. Die Ergebnisse zeigen klar, dass durch die Verdickung und die nachfolgende Rückverflüssigung keine negativen Auswirkungen auf die sensorischen Eigenschaften der Füllungen konstatiert werden können.

Stabilität von alkoholgefüllten Pralinen

Anhand von mit alkoholhaltigen Füllungen gefüllten Hohlkugeln aus dunkler Schokolade wurde die physikalische Stabilität durch mechanische und sensorische Methoden untersucht. Bekannt ist, dass alkoholische Füllungen die Hülsenerweichung forcieren, die durch migrationsbedingte Strukturveränderungen verursacht wird. Die mit der Lagerung einhergehende Migration von Ethanol und Wasser aus der Füllung in die Hülse wurde analytisch erfasst. Während einer Lagerung bei 20 °C stieg demzufolge der Alkoholgehalt in den Hülsen bis zur 3. Lagerungswoche abhängig von der Ausgangskonzentration der Füllung auf 0,38 % (Füllung mit 10 % Alkohol) bzw. 0,65 % (Füllung mit 15 % Alkohol). Ursache dafür ist der Konzentrationsgradient zwischen Füllung und Hülse. Danach erfolgte keine weitere Anreicherung in den Hülsen, da die flüchtigen Füllungsbestandteile anschließend in die Umgebung diffundieren; dies äußert sich auch in einer Abnahme der Pralinenmasse (Tab. 2). Der Ethanolgehalt der Füllungen nahm bis zur 4. Woche stark ab, ausgelöst durch Mikrorisse in den Hülsen nach der Quellung infolge von Wassermigration und des Lösens von Füllungsbestandteilen in der Hülse. Diese Prozesse sind temperaturabhängig. Einen weiteren Beitrag zur generellen Destabilisierung der Pralinen liefert die Migration von Wasser aus den Füllungen. Migrationsbedingte Quellungserscheinungen resultieren auch in einer Abnahme der Festigkeit der Pralinenhülsen. Diese Erweichung wird durch das Vorhandensein von Ethanol in den Füllungen begünstigt, sodass nur bei ethanolfreier Füllung während der Lagerung gleich bleibende Festigkeitswerte erkennbar sind (Abb. 3).
Die Migration von Füllungsbestandteilen führt auch zu einer entsprechenden Veränderung des Erscheinungsbildes der Pralinen. Besonders bei erhöhter Lagerungstemperatur werden relativ rasch Qualitätsveränderungen erkennbar (Abb. 4), die in der optischen Beurteilung zu einer deutlichen Abwertung der Pralinen führten. Im Gegenzug kann durch Reduzierung der Lagertemperatur der Qualitätsverlust, der vom Produktionsverfahren weitgehend unabhängig ist, stark reduziert werden. Migrationsinduzierte Veränderungen an der Innenseite der Pralinenhülsen konnten auch in elektronenmikroskopischen Aufnahmen detektiert werden.

Schlussfolgerungen

Unsere Studie hat gezeigt, dass es bei sorgfältiger Abstimmung der Rezepturen und unter Beachtung der spezifischen Anforderungen der One-Shot-Technik möglich ist, alkoholgefüllte Pralinen in einem Guss herzustellen. Dabei erscheint die Abstimmung von Art und eingesetzter Menge der technofunktionellen Zusatzstoffe auf die verwendeten Rohstoffe und den gewünschten Alkoholgehalt der Pralinen als besonders wichtig. Während sensorische Einflüsse dieser Zusatzstoffe nicht detektiert werden konnten, gleichen die lagerungsinduzierten Qualitätsveränderungen jenen von traditionell hergestellten Pralinen.

Um die Tabellen zu sehen, laden Sie bitte das PDF (rechts oben) runter.

Foto: © Dr. Birgit Böhme / Prof. Dr. Harald Rohm

L&M 4 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2012.
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