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MRSA-Screening und die klinische Bedeutung von Staphylococcus aureus

MRSA-Screening und die klinische Bedeutung von Staphylococcus aureus

Gefährliche Erreger

Prof. Dr. med. Herbert Hof, Labor Limbach, Abteilung Bakteriologie, Heidelberg

Was bedeutet eigentlich MRSA (Methicillin resistente Staphylococcus aureus)? Bald nach der Einführung von penicillinasefesten Penicillinen wie Oxacillin und Methicillin traten resistente Stämme auf, die in ihrem Chromosom eine zusätzliche genetische Information in Form einer ganzen Genkassette aufgenommen haben, die für ein verändertes Penicillinbindeprotein kodiert, sodass überhaupt keine Betalaktam-Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme) mehr an dieses Target binden können. Diese Resistenz gegen Betalaktam-Antibiotika wird dazu noch häufig von einer Resistenz gegen andere Antibiotika wie Makrolide, Tetrazykline und Chinolone begleitet (die Wirksamkeit von Cotrimoxazol ist oft noch erhalten), sodass das Akronym MRSA auch im Prinzip für multiresistente Staphylococcus aureus steht. Klinische Bedeutung von MRSA

Diese antibiotikaresistenten Stämme sind nicht alle von vornherein virulenter als die methicillinempfindlichen Staphylokokken (MSSA), aber dennoch ist die Prognose von Infektionen mit diesen resistenten Bakterien deutlich schlechter. Zudem können die verbleibenden Antibiotika (Vancomycin, Daptomycin, Linezolid, Cotrimoxazol) entweder wegen Nebenwirkungen (z.B. Vancomycin) oder wegen pharmakologischer Besonderheiten (Daptomycin kann in der Lunge nur schlecht wirken) oder wegen des Preises ( Linezolid, Daptomycin) nur als Reserve dienen. Einige Stämme von normalen S. aureus sowie speziell einige MRSA haben die Fähigkeit erworben, ein spezielles Toxin (Pantoin Valentine Leukotoxin) zu bilden, das die Leukozyten zerstört, sodass sie die Infektabwehr unterlaufen können. Folglich können solche Stämme – auch bei einem bislang gesunden Menschen – schwere, rasch progrediente Abszesse, z. B. eine abszedierende Pneumonie, verursachen.

Probleme mit MRSA

Nicht jede Kolonisierung führt zu einer manifesten Erkrankung. Aber bei Prädisposition können MRSA ebenso wie MSSA eitrige Entzündungen induzieren, die besonders bei abwehrgeschwächten Personen einen schweren In Ländern, wo neben der sorgfältigen Desinfektion der Flächen und Gegenstände sowie der Isolierung der Erkrankten und Kolonisierten auch ein Screening durchgeführt wurde, etwa in Holland und in Dänemark, konnten die MRSA-Raten deutlich gesenkt werden. Das RKI (Robert Koch Institut) empfiehlt ausdrücklich ein MRSAScreening! Screening ist wichtig für eine perioperative Prophylaxe mit entsprechenden Antibiotika und frühzeitiger adäquater, gezielter Therapie von Infektionen. In der Tat führt Screening zu einer Reduktion der Erkrankungsziffern und zu einer kürzeren Liegedauer. Auch werden die Erlöse durch die Therapie mit teuren Antibiotika und von Komplikationen der Infektionen mit solchen nosokomialen Bakterien belastet werden. Es ist mehrfach durch Untersuchungen im In- und Ausland der Beweis erbracht worden, dass man mit Screening Geld spart. Durch Isolierung und Dekontamination von frühzeitig erkannten MRSA-Trägern lassen sich die Exposition von anderen Patienten im Krankenhaus, Besuchern und vom medizinischen Personal vermeiden und damit die Ausbreitung verhindern.

Einige Gründe für erhöhte Kosten bzw. erniedrigte Erlöse durch MRSA

>>Personalkosten: mehr Personal wird gebunden, weil die Pflege zeitaufwändiger ist.
>> Aufwändige Transporte innerhalb des Krankenhauses.
>> Ressourcenverbrauch: Einmalartikel, Arbeitskleidung.
>> Verringerte Erlöse durch Einnahmeverluste (Fallzahlreduzierung wegen Isolierung und Bettensperrung und Imageschaden; längere Verweildauer, wodurch die DRG-Erlöse sinken).
>> Erhöhter Verbrauch an (teuren) Arzneimitteln, darunter auch spezielle Antibiotika.
>> Erhöhte Laborkosten.
>> Erhöhte Kosten für Desinfektion.
>> Erhöhte Kosten für Wäscherei (Kittel, Matratzen, Kissen).

MRSA-Screening: wer und was?

Ein Screening der Allgemeinbevölkerung ist allenfalls aus wissenschaftlichen Gründen denkbar, um die Prävalenzrate zu erfassen. Auch ein routinemäßiges Screening des medizinischen Personals hat sich als ineffektiv erwiesen. Im Prinzip könnte man schon in der Phase der Planung eines Krankenhausaufenthaltes ein MRSA-Screening bei Patienten durchführen; praktisch bietet sich jedoch ein Eingangsscreening an, weil in der Tat bis zu 80 % der Personen, bei denen MRSA im Krankenhaus nachgewiesen wurde, diese Keime schon mitgebracht hatten. Somit kann sich ein Krankenhaus in vielen Fällen durch Screening von der „Schuld“ freisprechen. Eine Verschleppung von MRSA durch unerkannte Träger kann dann nämlich gleich von Anfang an durch geeignete Hygienemaßnahmen (Händedesinfektion! Dekontaminationsversuch) und durch Isolierung unterbunden werden, was die Prävalenzrate senkt. Da ein Eingangsscreening aller Patienten recht aufwändig wäre und in den allermeisten Fällen nur negative Ergebnisse produzieren würde, ist aus praktischer Sicht die Beschränkung auf eine Risikopopulation sinnvoll, die jedoch je nach Klinik und Patientenklientel im Einzelnen definiert werden soll.

MRSA-Screening: wie?

Die konventionelle Erkennung von MRSA gründet auf der Kultur, was zwar geringe Materialkosten verursacht, aber doch mindestens 1 Tag, meistens jedoch länger – nämlich 2–3 Tage – dauert. Dagegen sind die modernen PCR-Tests zwar teurer, aber das Ergebnis liegt innerhalb von wenigen Stunden vor; auch können positive wie negative Ergebnisse mit hoher Zuverlässigkeit ausgewertet werden, sodass Vorsichtsmaßnahmen sofort greifen, prophylaktische Isolierungen aber auch schnell wieder aufgehoben werden können. Es konnte gezeigt werden, dass dadurch die Transmissionen bei Anwendung eines PCR-basierten Screenings im Vergleich zu einem konventionell basierten Screening deutlich reduziert werden können.

Meldepflicht

Die Erfassung der Prävalenz von MRSA-Kolonisierung und -Infektionen ist lückenhaft; deswegen sind die Zahlen darüber auch nur geschätzt. Im Infektionsschutzgesetz von 2001 ist Klinikern zwar mehrfach eine gesetzliche Pflicht vorgegeben, dem Gesundheitsamt das Auftreten von mehr als 2 gleichartigen Fällen, bei denen ein epidemiologischer Zusammenhang vermutet werden kann, zu melden, was aber offensichtlich nicht immer respektiert wurde. Jetzt gilt seit 1.7.2009 ein Zusatz, wonach die Labore den Nachweis von MRSA in Blut und Liquor melden müssen. Obwohl ein Nachweis in diesen Körperflüssigkeiten nicht zwangsweise eine Erkrankung beim Patienten anzeigt, ist dies ein erster Schritt, die Epidemiologie der MRSA-Infektionen besser zu dokumentieren. Die Meldung der häufigsten Komplikationen mit MRSA-Infektionen, nämlich die Haut-Weichteilinfektionen, bleibt aber weiterhin ausgeschlossen.

Foto: Roche

Bildquelle: EARSS Annual Report 2007

Stichwörter:
Medizin, Krankenhaushygiene, MRSA, Screening, Antibiotikaresistenz

L&M 5 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 5 / 2009.
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