Kognition - Wie Honigbienen die Welt erlebenEs ist immer sehr spannend sich vorzustellen wie andere Menschen, wenn nicht sogar andere Tiere, die Welt wahrnehmen und erleben. Die Summe der Prozesse, bei denen sensorische Informationen verarbeitet, gespeichert, abgerufen und umgesetzt werden, nennt man kognitive Fähigkeiten. Die Kognitive Ethologie, die derartige Phänomene untersucht, beschäftigt sich traditionell eher mit Vertebraten wie Ratten, Affen und Tauben, statt mit wirbellosen Tieren. Obwohl die Anzahl der Publikationen zur -Kog-nition bei Invertebraten in den letzten 25 Jahren zugenommen hat, liegt der Hauptfokus nach wie vor auf den Vertebraten.
Wenn man die Gehirngröße mit kognitiver Leistungsfähigkeit gleichsetzt, ist das durchaus verständlich, besteht doch ein Bienengehirn nur aus knapp einer Million Neuronen. Das sind fünf Zehnerpotenzen weniger als in einem Menschengehirn mit geschätzten 80–100 Milliarden Nervenzellen. Mehr als Reflexautomaten
Führen größere Gehirne aber unweigerlich zu komplexerem Verhalten? Iwan Pawlow (1849–1936) entwickelte als erster eine verlässliche und objektive Methode zur assoziativen Konditionierung von Hunden. Damals wurden Insekten noch als simple Reflexautomaten angesehen, die sich stereotyp und unflexibel verhalten und nur über die grundlegendsten Fähigkeiten verfügen, sensorische Informationen zu verarbeiten. -Heute ist bei Bienenforschern die Proboscis-Extension-Response (PER)-Konditionierung weit verbreitet, die auf Pawlow’schen Prinzipien beruht. Wird die Antenne der Biene mit Zuckerwasser berührt (unkonditionierter Stimulus), streckt sie ihren Rüssel aus, um zu trinken. Wenn kurz vor der Belohnung ein Duft gegeben wird (konditionierter -Stimulus), assoziiert die Biene den Duft mit der Belohnung und der Duft alleine reicht später aus um die PER auszulösen. Die Methode eignet sich hervorragend, um nicht-assoziatives, assoziatives und konfigurales Lernen im Labor an fixierten Bienen zu untersuchen. Mechanismen der Kognition
Die riesige Diversität der Insekten erlaubt außerdem die Durchführung von vergleichenden Studien zur Evolution der Kognition. Central place foragers, also Tiere, die von ihrem Nest zu einer Futterquelle und zurück finden müssen, sind für solche Studien besonders gut geeignet. Durch die Manipulation der Umgebung um das Nest und die Futterquelle können die Mechanismen des Lernens, des Gedächtnisses und der Navigation untersucht werden. Zählkünstler
Trotz ihres kleinen Gehirns kann die Biene Aufgaben lösen, die man ursprünglich nur Vertebraten zugetraut hätte. Bienen können abstrakte Eigenschaften von visuellen -Stimuli (wie Ausrichtung und Symmetrie) kategorisieren und sie anwenden, um zwischen neuen, unbekannten Stimuli zu unterscheiden. Sie können vorherige Erfahrung nutzen, um versteckte Objekte zu erkennen. Wie Menschen nehmen sie visuelle Illusionen wahr. Sie können lernen, mithilfe symbolischer Hinweise durch komplexe Labyrinthe zu navigieren. Sie können Konzepte formen und so visuelle Stimuli assoziativ gruppieren [5]. Als Zhang et al. 2005 die Vergess-Funktion des Kurzzeitgedächtnisses der Biene mit einem DMTS-Experiment untersuchten, lagen die Ergebnisse erstaunlich nahe an den Resultaten, die Roberts bereits 1972 an Tauben erzielte. Sie fanden heraus, dass das Kurzzeit- oder Arbeitsgedächtnis der Honigbiene visuelle Informationen etwa acht Sekunden behält [2, 6]. In einem neueren Experiment untersuchten wir das Zahlenkonzept der -Biene. Durch eine Variation des DMTS-Experiments, in dem Sample- und Vergleichs-stimuli nicht identisch sind (Symbolic Delayed-Match-to-Sample, SDMTS), konnten wir zeigen, dass die Biene visuelle Stimuli nicht nur nach den bereits bekannten -Kategorien wie Farbe, Form und Symmetrie kategorisieren kann [5], sondern auch nach der Anzahl der gezeigten Objekte [7]. Die Grenze der „Zählkunst“ der Bienen liegt zwischen 3 und 4. Auch diese Ergebnisse sind durchaus vergleichbar mit Studien an Vertebraten wie Sing-vögeln [8] und Waschbären [9]. Foto: © Mario Pahl
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