Forscher
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Dr. Jennifer Gerke
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Gestörte Proteindegradation als Ansatz zur Aktivierung stiller Gencluster
Gestörte Proteindegradation als Ansatz zur Aktivierung stiller GenclusterPilze als Schatztruhe für neue ArzneimittelResistenzen gegenüber etablierten Antibiotika nehmen zu und bedrohen unser Gesundheitssystem. Insbesondere der übermäßige Einsatz von Antibiotika in zahlreichen Lebensbereichen fördert die Ausbreitung gefährlicher multiresistenter Stämme. Die Entdeckung neuer Wirkstoffe ist daher notwendig und erfordert die Entwicklung innovativer Strategien, um die in der Natur vorhandenen Naturstoffe zu identifizieren und zu nutzen. Sekundärmetaboliten: Schätze der Natur
Sekundärmetaboliten sind eine der für den Menschen bedeutsamsten Erfindungen der Natur. Es handelt sich um niedermolekulare, chemische Verbindungen, die von Bakterien, Pilzen, Pflanzen oder Insekten produziert werden. Sie stellen keine lebensnotwendigen Substanzen dar, sind aber in bestimmten Lebensphasen der Produzenten von Vorteil. Sie können als Signalmoleküle zur Kommunikation, als Schutzstoffe gegen extreme Umweltbedingungen oder als Abwehrstoffe gegenüber Fressfeinden genutzt werden. Der Mensch nutzt manche dieser Naturstoffe schon seit Jahrtausenden als Drogen oder Genussmittel und inzwischen werden zahlreiche Sekundärmetaboliten industriell als Lebensmittelzusätze verwendet. Eine der für die Pharma- und Agrarindustrie wichtigsten Eigenschaften der Sekundärmetaboliten ist ihre Fähigkeit, biologische Aktivitäten auszuüben oder zu beeinflussen. In der Landwirtschaft werden sie aufgrund ihrer antibiotischen Fähigkeiten als Pestizide oder Futtermittelzusatz eingesetzt. In sehr vielen Fällen stellen Sekundärmetaboliten die Ausgangsstoffe oder Synthesevorlagen für Arzneimittel dar. So wurde beispielsweise aus dem Schimmelpilz Aspergillus terreus das cholesterinsenkende Mittel Lovastatin gewonnen. Chinin, das als Vorlage für die synthetische Herstellung eines Malariamittels dient, ist ein aus der Rinde des Chinarindenbaums isoliertes Alkaloid. Pilze als Quelle für Naturstoffe Das faszinierende Königreich der Pilze reicht von einzelligen Hefen über Schimmel bis zu schmackhaften Großpilzen und wird bereits seit Jahrzehnten in der Naturstoffforschung genutzt. Der rasante technische Fortschritt der Sequenzierungstechniken führt dazu, dass immer mehr Pilzgenome entschlüsselt werden. Dabei stellte sich heraus, dass Sekundärmetaboliten durch eine Reihe von Enzymen hergestellt werden, die häufig von nebeneinanderliegenden Genen kodiert werden und somit in so genannten Genclustern organisiert sind. Die Genomik zeigte, dass weit mehr Gencluster zur Biosynthese von Sekundärmetaboliten in den Genomen vorhanden sind als bisher an Sekundärmetaboliten selbst identifiziert wurden. Konservativ geschätzt gibt es mehr als 1,5 Mio. verschiedene Pilzarten auf unserer Erde. Die Mehrzahl aller Pilze hat das Potenzial, mehrere verschiedene Sekundärmetaboliten zu bilden. Hier handelt es sich also um ein bisher kaum genutztes Reservoir für Naturstoffe und damit auch für neue Arzneimittel. Das Geheimnis zur Entschlüsselung dieses Potenzials ist die Zugänglichkeit zu den Biosynthesegenen. Ein Großteil der pilzlichen Gencluster für Sekundärmetaboliten wird von den Organismen unter den standardisierten Laborbedingungen nicht benötigt und ist daher stillgelegt, ein großes Problem für die Naturstoffforschung. Um diesen stillen Genclustern ihre Geheimnisse zu entlocken, wurden in den letzten Jahren verschiedene Techniken erfolgreich entwickelt. Diese lassen sich in zwei übergeordnete Kategorien einteilen: Techniken, mit denen äußere Einflüsse, also z. B. die Wachstumsbedingungen, variiert werden und Techniken, mit denen genetische Veränderungen vorgenommen werden, das so genannte Genetic Engineering. Hier können beispielsweise gezielt Biosynthesegene oder aber Kontrollgene – z. B. für Transkriptionsfaktoren – überexprimiert werden. Sekundärmetabolismus und pilzliche Entwicklung
Es gibt eine Verknüpfung zwischen unterschiedlichen Entwicklungsstadien eines Pilzes und Unterschieden in der Aktivität von Genclustern für den Sekundärmetabolismus. Ein möglicher genetischer Schlüssel zur Entdeckung neuer Naturstoffe könnte damit die Entkopplung von Sekundärmetabolismus und Entwicklung auf molekularer und genetischer Ebene sein. Inzwischen wurden einige Proteinkomplexe, die sich an der Grenzfläche zwischen beiden Bereichen befinden, in Modellpilzen der Molekularbiologie identifiziert. Drei Beispiele sollen das illustrieren. Gestörte Koordination von Sekundärmetabolismus und pilzlicher Entwicklung: Ein Schlüssel zur Aktivierung stiller Biosynthese- Gencluster?
Können Proteinkomplexe, die für die Koordination von Sekundärmetabolismus und pilzlicher Entwicklung notwendig sind, bei der Identifikation von neuen Naturstoffen hilfreich sein? Hierzu wurde das Beispiel des COP9-Siganosoms CSN genauer betrachtet. Bereits mit bloßem Auge erkennt man, dass ein Defekt in der katalytischen Untereinheit (csnE-Deletion) zur Produktion rötlicher Pigmente führt, die an das Nährmedium abgegeben werden. Diese konnten als Orcinol und verwandte Phenylether wie Violaceol I und II, Cordyol C und Diorcinol identifiziert werden. Zusätzlich konnten zahlreiche weitere bereits in A. nidulans bekannte Verbindungen in zum Teil stark vermehrten Mengen im Vergleich zum Wildtypstamm gefunden werden. CSN: Ein neuer Weg zu unbekannten Naturstoffen Die Störung des Proteindegradationsapparates stellt eine neue und interessante Möglichkeit zur Aktivierung stiller Biosynthese- Gencluster und damit zur Identifizierung neuer Sekundärmetaboliten dar. Insgesamt konnten über 100 verschiedene Metabolitenmarker mithilfe einer umfassenden, ungerichteten Metaboliten-Fingerabdruck- Analyse in der csnE-Mutante von Aspergillus nidulans gefunden werden, die unterschiedlich zum Wildtyp reguliert werden [8]. Das Potenzial für die Identifikation neuer Sekundärmetaboliten ist damit selbst in einem Modellpilz bereits vielversprechend. Da es sich bei der fünften CSN-Untereinheit um ein hochkonserviertes Protein handelt, stellt das entsprechende Gen einen guten Angriffspunkt dar, der auch in anderen filamentösen Pilzen zur Aktivierung stiller Gencluster führen sollte und somit als aussichtsreiches neues Werkzeug zur Identifizierung neuer aktiver Biomoleküle eingesetzt werden kann, welche in unserer Gesellschaft immer dringender benötigt werden.
Literatur Foto: © istockphoto.com / Petrovich9 |
L&M 2 / 2013Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Die Autoren:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |