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Verzehrfertige Blattsalate – von der Rohware zum Produkt

Verzehrfertige Blattsalate – von der Rohware zum Produkt

Da haben wir den Salat!

Tüte auf, Dressing drauf und verzehren! So funktioniert schneller Salatgenuss für immer mehr Konsumenten. Doch welche Maßnahmen trifft die Industrie, um ein sicheres Produkt zu gewährleisten? Und welche neuen Ansätze werden erforscht, um dieses Ziel noch effizienter und effektiver zu erreichen?

Kopfsachen eingetütet – was sind verzehrfertige Blattsalate?

Verzehrfertige Blattsalate gehören zur Gruppe der minimal verarbeiteten Gemüseprodukte, die portionsweise verpackt und verzehrfertig auf den Markt kommen. Eine minimale Verarbeitung umfasst typischerweise Arbeitsschritte wie „Sortieren“, „Putzen“, „Schneiden“, „Waschen“, „Abschleudern“ und „Verpacken“. Im Gegensatz zu konventionell verarbeiteten Gemüseprodukten wie Konserven oder Tiefkühlprodukten werden minimal verarbeitete Produkte weder blanchiert noch sonst thermisch haltbar gemacht und enthalten somit noch lebendes, atmendes Gewebe. Der Verbrauch an verzehrfertigen Salatprodukten hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als vervierfacht und wird schätzungsweise noch weiter ansteigen. Obwohl Großverbraucher die wichtigsten Abnehmer verzehrfertiger Salate sind, stellen inzwischen auch private Haushalte ein bedeutendes Marktsegment dar. Etwa 500 g Convenience-Salat werden derzeit pro Haushalt und Jahr konsumiert. Eine der wichtigsten Triebfedern für die steigende Nachfrage nach verzehrfertigen Salatprodukten ist der Trend zu „Convenience“, der für den Verbraucher Annehmlichkeit, Einfachheit, Komfort und Zweckmäßigkeit bedeutet. Der Bedarf an Convenience-Produkten ist unter anderem auf den gesellschaftlichen Wandel der letzten Jahre zurückzuführen. Dieser Wandel ist durch größere Mobilität, Flexibilität, Gesundheitsbewusstsein, eine Veränderung der klassischen Rollenverteilung in der Familie, zunehmende Berufstätigkeit und vermehrte Nahrungsaufnahme außer Haus sowie einen steigenden Anteil an Ein- und Zweipersonenhaushalten geprägt. Trotz ihres Wachstumspotenzials gilt die Branche für verzehrfertige Salatprodukte auch als krisenanfällig, da sich Hygieneskandale bei einzelnen Produkten schnell auf den Absatz der gesamten Branche auswirken. Beispiele hierfür waren überraschenderweise die Verbraucherreaktion auf die BSE-Krise um 2000 infolge des Absatzrückgangs der Fastfood-Ketten sowie erwartungsgemäß die EHEC-Infektionen im Frühsommer 2011, wodurch große wirtschaftliche Einbußen in der Salatbranche entstanden sind, obwohl die Erkrankungen im Nachhinein nicht mit Blattsalaten in Verbindung gebracht werden konnten.

Blattsalat als Habitat – Mikroorganismen auf Blattsalaten

Durch ihren engen Kontakt mit dem Erdboden sind Salate von Natur aus mit Mikroorganismen besiedelt. Die Keimzahlen liegen in Abhängigkeit von den Anbaubedingungen, der Jahreszeit und Salatsorte in einem weiten Bereich zwischen 104 und 107 KbE/cm2. Während das Herz eines Salatkopfes weitgehend keimfrei ist, sind die äußersten Blätter eines Salatkopfes z. T. hoch kontaminiert. Mikroorganismen können aber nicht nur über den Boden auf den Salat gelangen. Der Bewässerung und Spritzwasser sowie der organischen Düngung kommt eine große Bedeutung zu, aber auch Insekten und Wildtiere können Mikroorganismen auf die Blätter übertragen. Um langfristig auf den Blättern zu verbleiben, scheiden Mikroorganismen extrazelluläre polymere Substanzen (Proteine, Polysaccharide, Nucleinsäuren und Lipide) ab, in deren schleimartiger Matrix sie auch unter widrigen Umständen überdauern können. Während die Bildung dieser so genannten Biofilme auf Blattoberflächen und die Inkorporation weiterer Mikroorganismen in bereits bestehende Biofilme als gesichert gelten, wird die Interaktion einzelner Bakterienzellen mit Blattoberflächen noch beforscht. Es wird angenommen, dass bei einzelnen Bakterienspezies verschiedene Faktoren wie die Zellhydrophobizität, Adhäsine, Flagellen und Proteinsekretionssysteme an dem Prozess beteiligt sind [7]. Weiterhin wird untersucht, ob Mikroorganismen aktiv durch Wunden oder durch die Spaltöffnungen in die Blätter eindringen können und in der Pflanze persistieren können. Eingedrungene Mikroorganismen könnten durch eine Oberflächenbehandlung des Blattes nicht entfernt werden. Die Technologien, die bei der Herstellung verzehrfertiger Blattsalate angewandt werden, haben einen entscheidenden Einfluss auf deren Mikrobiota. Durch das Waschen und Schneiden kann es zur Kreuzkontamination kommen. Insbesondere beim Schneiden können Mikroorganismen mit dem Messer von keimbelasteten Hüllblättern ins nahezu keimfreie Innere des Salatkopfes gelangen. Beim Schneiden ergeben sich durch die Schnittkanten Eintrittspforten für die Mikroorganismen ins Blatt. Austretende Pflanzensäfte können als Substrat für Mikroorganismen dienen, was zur Wachstumsförderung beiträgt. Durch die Atmungsaktivität des lebenden Gewebes können während der Lagerung anaerobe Verhältnisse entstehen, die zu einer Verschiebung der Mikrobiota führen. Der Nachweis von Mikroorganismen auf Salat erfolgt meist kulturell. Es wird aber angenommen, dass ein gewisser Anteil der Mikroorganismen in einem „viable but not culturable“-Zustand vorliegt und so mit den konventionellen kulturellen Verfahren nicht nachgewiesen werden kann. Abhilfe schaffen hier molekularbiologische Verfahren wie die Real-Time PCR, die für den Nachweis verschiedener Pathogene aus Blattsalaten etabliert wurden. Der „Knackpunkt“ dieser Verfahren ist die Aufreinigung ausreichender Mengen und Qualität mikrobieller DNA.

The good, the bad and the ugly – Verderbnis- und Krankheitserreger auf Blattsalaten

Auf Blattsalaten werden neben Hefen und Schimmelpilzen hauptsächlich Bakterien nachgewiesen. Neben für den Menschen ungefährlichen Bakterien wie Lactobacillus spp. und Leuconostoc spp. können auf Salatblättern auch Verderbniserreger vorhanden sein. Vertreter der Genera Erwinia, Pseudomonas und Xanthomonas können, ausgehend von Wunden und Schnittstellen, Weichfäule verursachen. Für die menschliche Gesundheit sind im Zusammenhang mit Blattsalat insbesondere die Spezies Escherichia coli, Listeria monocytogenes und Pseudomonas aeruginosa sowie die Genera Salmonella und Campylobacter relevant. Die Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM) hat deshalb Richt- und Warnwerte für Keimzahlen von Mischsalaten zum Mindesthaltbarkeitsdatum publiziert. Dass diese Keime auch in deutschen Handelsproben nachgewiesen werden können, zeigten Schwaiger et al. [5]. In 201 Salatproben waren 5 % der Proben positiv für E. coli, 61,2 % für Pseudomonas spp. und 0,5 % für Listeria spp. Salmonella spp. wurden nicht nachgewiesen. In den Vereinigten Staaten von Amerika wurden zwischen 1973 und 1997, 25 Ausbrüche lebensmittelbedingter bakterieller Erkrankungen gemeldet [6], die, mit Blattgemüsen assoziiert, zu 2.078 Erkrankungen und sechs Toten führten. Die höchste Inzidenz hatten Salmonella spp., Shigella spp. und E. coli O157:H7.

Salad and more – die Problematik bei der Produktion verzehrfertiger Blattsalate

Für folienverpackte Rohkosterzeugnisse wird laut der DGHM eine Mindesthaltbarkeit von maximal sechs Tagen bei einer Kühllagerung bei höchstens 6 °C empfohlen [2]. Folgende Faktoren sind für die geringe Haltbarkeit verantwortlich: Die Verarbeitung von Salat zu verzehrfertigen Produkten führt unweigerlich zur Verletzung des Pflanzengewebes durch Schnitte und Frakturen. Verwundungen führen zu zahlreichen Wundstressreaktionen, auch in unverletzten Gewebebereichen, z. B. die vermehrte Synthese der Phenylalanin-Ammonium- Lyase. Dieses Enzym ist für den ersten Schritt der Synthese phenolischer Verbindungen verantwortlich und katalysiert die Bildung von Zimtsäure aus Phenylalanin. Zimtsäure ist der Ausgangsstoff zur Bildung phenolischer Verbindungen, die durch pflanzeneigene Enzyme wie die Polyphenoloxidase zu braunen Pigmenten oxidieren. Durch Sauerstoffeinfluss und die fehlende Inaktivierung pflanzeneigener Enzyme im Produktionsprozess kommt es somit innerhalb weniger Tage zu erheblichen enzymatischen Bräunungsreaktionen und damit zu einer Beeinträchtigung der Verkaufsfähigkeit des Salatprodukts. Aufgrund von Gewebeverletzungen steigt außerdem die Respiration des Pflanzengewebes stark an. Mit fortschreitender Lagerdauer tritt dadurch ein Textur- und Wasserverlust ein, der mit abnehmender Knackigkeit verbunden ist. Der Zellsaft, der durch den Schneideprozess aus dem pflanzlichen Gewebe austritt und auch durch das Waschen nicht komplett entfernt werden kann, stellt darüber hinaus ein gutes Nährsubstrat für Mikroorganismen dar und beschleunigt das mikrobielle Wachstum während der Lagerdauer. Auch das Fehlen einer intakten Epidermis an den Schnittkanten begünstigt die Ansiedlung von Mikroorganismen. Sämtliche Maßnahmen zur Verlängerung der Haltbarkeit verzehrfertiger Blattsalate haben demnach die Minimierung der Wundstressreaktionen sowie die Hemmung des mikrobiellen Wachstums zum Ziel. Eingriffsmöglichkeiten in den Herstellungsprozess bestehen dabei in erster Linie beim Waschen der Rohware und beim Verpacken des Produkts. Ebenso wichtig für die Haltbarkeit verzehrfertiger Blattsalate ist die Einhaltung der Kühlkette vom Erntezeitpunkt bis zum Verbraucher.

Safer salad – Technologien zur Verbesserung der Produktqualität

Der Erhalt des Frischezustands, der eine thermische Behandlung der Rohwaren ausschließt, schränkt die Maßnahmen zur Verlängerung der Haltbarkeit verzehrfertiger Blattsalate stark ein. Zur Erzielung qualitativ hochwertiger Produkte sind deshalb besonders hohe hygienische Anforderungen an den gesamten Herstellungsprozess – von der Primärproduktion bis zum Verbraucher – nötig. Das Prozesswasser stellt eine wesentliche Quelle von Kreuzkontaminationen zwischen äußeren, stark mikrobiell belasteten Blättern und inneren, beinahe sterilen Bereichen eines Salatkopfs dar. Da bei der industriellen Herstellung verzehrfertiger Blattsalate das Prozesswasser zum Teil rezykliert wird, kann die mikrobielle Kontamination des Waschwassers im Laufe der Produktion ansteigen. Um dies zu verhindern, kommt in vielen Ländern, beispielsweise in Frankreich oder den USA, Chlor als Waschwasserzusatz zum Einsatz. Chlor gilt derzeit als effektivstes Mittel zur Keimzahlreduktion von Salaten im Vergleich zu konventionellem Waschen mit reinem Wasser. Allerdings können im Waschwasser gesundheitsschädliche Nebenprodukte wie Chloroform und andere Trihalogenmethane entstehen, wenn Chlor das organische Material nur unvollständig oxidiert. Ein weiteres Problem der Verwendung von Chlor als Waschzusatz sind die negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Beim Einsatz von chloriertem Wasser fallen hohe Mengen an belastetem Abwasser an, das entsprechend aufbereitet werden muss. Auch sind die Verbraucher gegenüber synthetischen Zusätzen zunehmend kritisch eingestellt. In den letzten Jahrzehnten wurde eine Vielzahl an alternativen chemischen und physikalischen Methoden untersucht, um die Haltbarkeit folienverpackter, verzehrfertiger Blattsalate zu verlängern. Gegenstand der Forschung sind beispielsweise alternative Waschwasserzusätze wie organische Säuren, Wasserstoffperoxid oder Calciumsalze. Auch in natürlichen Zusätzen wie ätherischen Ölen, phenolischen Pflanzenextrakten und Molkenproteinen werden Alternativen zur Chlorierung gesehen [3]. Des Weiteren werden der Einsatz von Ozon und die Anwendung von UV-C Strahlung zur Keimzahlreduktion im Waschwasser untersucht. Anstelle des herkömmlichen Messerschneidens werden alternative Schneideverfahren untersucht, die unter Verwendung eines Hochdruckwasserstrahls Kreuzkontaminationen durch die Verletzung steriler Gewebe mit der Messerklinge vermeiden sollen. Physikalisch lässt sich die Haltbarkeit von Gemüse sowie von verzehrfertigen Gemüseprodukten wie Blattsalaten beispielsweise durch die Beeinflussung der Gasatmosphäre, welche das Gut umgibt, verlängern. Durch eine modifizierte Atmosphäre mit niedrigem Sauerstoffgehalt (~ 3 – 5 %) und hohem Kohlenstoffdioxidgehalt (~ 5 – 10 %) kann die Haltbarkeit von geschnittenem Salat bei strikter Einhaltung der Kühlkette deutlich verlängert werden [3]. Ein viel versprechender Ansatz zur Verhinderung der Bräunung, der bereits teilweise in der Industrie Einzug gefunden hat und auch Gegenstand aktueller Forschung ist [1, 8], ist die Anwendung einer minimalen Hitzeeinwirkung. Hierbei wird der Salat je nach Sensibilität des Pflanzengewebes für ca. 1 – 2 min einem „Hitzeschock“ von 45 – 50 °C unterzogen. Der Grund für die Effektivität der Warmwasserbehandlung hinsichtlich einer verminderten Bräunung liegt in der Beeinflussung verschiedener beteiligter Enzyme durch den Hitzeschock. Jede Zelle kann eine begrenzte Menge an Protein pro Zeiteinheit synthetisieren. Wird das pflanzliche Gewebe beispielsweise durch Schneiden verwundet, wird ein Teil der Produktionskapazität für die Synthese der Phenylalanin-Ammonium-Lyase aufgewendet und die Synthese weiterer Proteine entsprechend vermindert. Durch einen Hitzeschock wird in der Zelle die Bildung von Hitzeschockproteinen eingeleitet und hierfür beinahe die komplette Produktionskapazität der Zelle genutzt. Wird die Zelle zusätzlich zum Hitzeschock verwundet, werden dennoch vorzugsweise Hitzeschockproteine synthetisiert und die Bildung der Phenylalanin-Ammonium-Lyase vernachlässigt. Diese „hierarchische“ Stressreaktion kann zur Verminderung der enzymatischen Bräunung, welche durch die Phenylalanin- Ammonium-Lyase-Synthese eingeleitet wird, genutzt werden [4].

Verzehrfertige Blattsalate – besser als ihr Ruf!

Verzehrfertige Blattsalate sind Lebensmittel, die in Zukunft sicher eine noch wichtigere Rolle spielen werden als heute. Trotzdem werden sie von Konsumenten teilweise noch mit Skepsis betrachtet. Die derzeitige Forschung zielt darauf ab, die Produktsicherheit weiter zu verbessern und so eine hohe Qualität zu gewährleisten. Dadurch soll die Verbrauchersicherheit erhöht werden, aber auch schon jetzt gilt: verzehrfertige Blattsalate sind besser als ihr Ruf!

Literatur
[1] Baur, S. et al. (2005) Innov. Food Sci. Emerg. Technol. 6, 171-182. [2] DGHM (2011) http://www.dghm.org/ [Zugriff: 01/2013]. [3] Rico, D. et al. (2007) Trends Food Sci. Technol. 18, 373-386. [4] Saltveit, M.E. (2000). Postharvest Biol. Technol. 21, 61-69. [5] Schwaiger, K. et al. (2011) Int. J. Environ. Health Res. 21, 161-172. [6] Sivapalasingam, S. et al. (2004) J. Food Prot. 67,2342- 2353. [7] Weiss, A. et al. (2011) J. Verbrauch. Lebensm. 6, 503-510. [8] Wulfkuehler, S. et al. (2013) Eur. Food Res. Technol. 236, 229–241. Danksagung Wir danken Herrn Markus Kranz für die fotografische Gestaltung des Autorenporträts.

Foto: © Dr. Agnes Weiß

L&M 2 / 2013

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 2 / 2013.
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