Biolumineszenz
Die Fähigkeit zur Erzeugung von Biolumineszenz ist in der Evolution mehrfach unabhängig in verschiedenen Stämmen entstanden. Hastings schätzt auf bis zu 30 Mal (Hastings, JW (1983) J. Mol. Evol. 19, 309-321). Bakterien, Dinoflagellaten, Pilze, Rippen- oder Kammquallen (Ctenophora) und Nesseltiere (Cnidaria) zusammengefasst zu den Hohltieren (Coelenterata), Nematoden, Anneliden, Crustacea, Insekten, Echinoderma, Mollusken und Fische sind in der Lage zu leuchten und bei wie vielen Arten diese Fähigkeit verloren gegangen ist, lässt sich natürlich nicht mehr nachvollziehen.
Wozu benutzen Lebewesen diese Fähigkeit?
Die Triebfedern sind ganz unterschiedlich. Während die einen Biolumineszenz bei der Verteidigung einsetzen, nutzen andere sie zum Angriff. Der Leuchtkäfer seinerseits kommuniziert zur Freude der Spezies Mensch in lauen Sommernächten mit seinen ArtgenossInnen (also Intraspezies). Bei wieder anderen (Bakterien) ist es möglicherweise einfach nur ein metabolisches Nebenprodukt. Manchmal machen sich höhere Lebewesen auch die Biolumineszenzfähigkeit symbiontischer Mikroorganismen (Bakterien) zu Nutze. Die Symbiose geht so weit, dass die biolumineszierenden Bakterien so von Metaboliten des Wirtes abhängen, dass sie nicht ohne diesen kultiviert werden können. Das vielleicht interessanteste Beispiel einer solchen Wirt-Bakterien-Symbiose ist der Anglerfisch, der die Bakterien in seiner Angel, einem Fortsatz vor seinem Maul, leuchten lässt und damit Beutetiere anlockt.
Verallgemeinernd kann man bei den verantwortlichen Enzymen von der Familie der Luciferasen sprechen, meist Oxygenasen. Luciferasen sind mit nicht Biolumineszenz erzeugenden Enzymen verwandt, die die Reaktion von ATP mit Carboxylat-Substraten katalysieren. Die organischen Substrate werden unter dem Sammelbegriff der Luciferine zusammengefasst, wobei diese chemisch nicht miteinander verwandt sein müssen. Hastings zählt in der oben erwähnten Publikation sieben lumineszierende Systeme auf, die auf Verbindungen wie Coelenterazin (auch Kofaktor des Aequorin), Benzthiazol, reduziertem Flavin und reduziertem Tetrapyrrol beruhen (Abb. 1). Bei der chemischen Reaktion wird in der Regel molekularer Sauerstoff (O2) eingesetzt und ein Peroxid gebildet, bei dessen Abbau ein elektronisch angeregter Zustand erreicht wird.
Bei lumineszierenden Bakterien, die freilebend als Symbionten oder auch als Parasiten vorkommen, ist ein Enzymkomplex vorhanden, der im lux-Operon kodiert ist. Die lux?CDABE Genkassette enthält die genetische Information für die bakterielle Luciferase, bestehend aus den beiden Untereinheiten lux?A und lux?B und zusätzlich einer Fettsäure-Reduktase, einer Transferase und einer Synthetase (entspricht dem Fettsäure-Reduktase-Komplex lux?CDE). Der große, aus je 4 gleichen Untereinheiten von lux?CDE bestehende Komplex führt extrem effizient das Substrat mit dem Enzym zusammen, da das Substrat den Komplex nicht verlässt. Im Komplex werden FMNH2 und ein Aldehyd (Tetradecanal) zur Fettsäure mit molekularem Sauerstoff umgesetzt (Abb. 2). Das Emissionsmaximum liegt bei 490 nm, aber die Farbe ist durch Fluoreszenzproteine beeinflussbar (Wellenlängen blau 478 nm; gelb 545 nm).
Wie wird das Leuchten bei den Bakterien reguliert?
Es wurde ein Autoinducer identifiziert, der in die Umgebung abgegeben wird. Steigt dessen Konzentration im umgebenden Medium, fangen die Bakterien an zu leuchten. Der Transfer der lux?CDABE Genkassette in normalerweise nicht leuchtende Bakterien (E.??coli) ist ausreichend, um diese zum Leuchten zu bringen. D.h. endogenes FMNH2 ist als Substrat in ausreichender Menge vorhanden. Pathogene Bakterien lassen sich übrigens in Lebensmitteln mittels Biolumineszenz und mithilfe rekombinanter Phagen nachweisen, denen man die lux-Gene eingesetzt hat.
Das bekannte Meeresleuchten wird durch Dinoflagellaten verursacht. Turbulenzen stimulieren Lichtausstrahlung, die bei diesen Organismen zum Beispiel zur Abwehr gegen Fressfeinde (Crustaceae) eingesetzt wird. Bei Dinoflagellaten ist die Luciferase in speziellen Organellen, den Scintillons, organisiert. Neben der Luciferase und dem Luciferin nimmt ein Luciferin-bindendes Protein an der Reaktion teil. Das Luciferin leitet sich hier vom Chlorophyll ab (reduziertes Tetrapyrrol; Abb. 1). Interessanterweise unterliegt die Biolumineszenz der Dinoflagellaten einer zirkadianen biologischen Uhr, die nachts stärker stimulierbar ist als tagsüber. Selbst bei Dauerbeleuchtung bleibt sie über Wochen erhalten.
Der Leuchtkäfer („Glühwürmchen”, Photinus pyralis) ist in der Lage, sein Licht von grün (540 nm) bis rot (635 nm) variieren zu lassen. Als Mechanismus wird eine Resonanz-basierte Ladungsdelokalisation des angeregten Zustandes von Oxyluciferin (Keto-Enol-Tautomerie) angenommen:
In biologischen Testsystemen werden hauptsächlich die rekombinanten Luciferasen aus dem Leuchtkäfer -(Photinus pyralis; Pluc) und der Weichkoralle Renilla reniformis (Rluc) als Reporterenzyme eingesetzt. Durch Quenchen der Aktivität der Pluc durch APMBT (2-(4-Aminophenyl)-6-methylbenzothiazol) kann nachfolgend Rluc sogar im selben Testsystem gemessen werden (siehe hierzu Hampf, M. & Gossen, M. (2006) Anal. Biochem. 356, 94-99). Die Sensitivität ist so hoch, dass vielfach Messsysteme, die auf Radioaktivität beruhten, umgestellt werden konnten.
Abschließend sei noch angemerkt, dass die Lichtausstrahlung durch Fotoproteine, wie dem Green Fluorescent Protein (GFP) aus Aequorea victoria, nicht mit der Biolumineszenz zu verwechseln ist. Im lebenden Organismus wird zwar Energie auch von Aequorin/Coelenterazin plus Ca2+ auf das GFP übertragen, aber das rekombinante Protein funktioniert auch ohne exogene Kofaktoren. Der Chromophor bildet sich hier aus drei Aminosäure-Seitenketten (Ser65-Tyr66-Gly67) und wird durch Photonen angeregt, was per Definition einer Fluoreszenz entspricht.
Bildquelle: www.fotocommunity.de
Stichwörter:
Biolumineszenz, Lumineszenz, GFP, Grün Fluoreszierndes Protein
|