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Auf Spurensuche

Die Spurenanalytik hat sich etabliert

Dr. Wolfgang Kandler,
Analytikzentrum, IFA-Tulln, Universität für Bodenkultur Wien

Spurenanalytische Verfahren leisten Unglaubliches und Unvorstellbares. Mit ihnen können unsichtbare, unwägbare Mengen zahlreicher Stoffe in den unterschiedlichsten Proben nachgewiesen und bestimmt werden.

Blickt man auf die lange Geschichte der Analytischen Chemie und die rasanten Entwicklungen der letzten Jahrzehnte zurück, erkennt man, dass der Trend zu immerempfindlicheren, nachweisstärkeren Methoden ungebrochen ist. Dazu kommt, dass moderne Verfahren meist viele Substanzen quasi gleichzeitig bestimmen können und selbst das in immer kürzerer Zeit. Viele dieser Stoffe sind unerwünscht oder – in entsprechender Menge – sogar hochgiftig. Wie schnell lässt sich da eine Schlagzeile der Art „Wissenschafter haben Gift in … nachgewiesen“ konstruieren!

Die richtige Interpretation

Für den verantwortungsvollen Umgang mit Analysenergebnissen braucht man jedoch viel mehr Wissen: Kommt der Stoffnatürlich vor und in welcher Konzentration? Gibt es eine Hintergrundbelastung? Ab welcher Konzentration kann man mit einer Wirkung auf Lebewesen rechnen? Gibt es einen Verlauf über das Jahr odereinen Trend etc.?
Grenzwerte können bei der Interpretatio nvon Messwerten weiterhelfen. Besonders bei Wasser verfolgt man gerne den Ansatz, dass für jeden Stoff aus toxikologischen Daten eine Konzentration hergeleitet wird, bei der keine Wirkung mehr erwartet wird (PNCE-Wert „predictedno-effect concentration“). Auch wenn es eher Ausnahmen sind: Manche PNCEWerte sind eine analytische Herausforderung, weil die Konzentrationen so niedrig sind, dass sie derzeit noch nicht zuverlässig genug gemessen werden können.

Der richtige Messwert

Am Analytikzentrum des IFA-Tulln beschäftigen wir uns seit fast 15 Jahren mit der Frage, wie man gewährleisten kann, dass Messwerte von unsichtbaren und unwägbaren Stoffmengen richtig sind. Analysenergebnisse bilden oft die Grundlage für folgenschwere oder teure Maßnahmen. Wie kann man zum Beispiel sicherstellen, dass ein unerwünschter Stoff tatsächlich schon in der Probe vorhanden war und nicht erst auf dem mitunter langen Weg zum Analysengerät dazugekommen ist? Woher weiß man, dass nicht ein anderer Stoff ein Signal vortäuscht und in Wirklichkeit gar kein Problem besteht? Dazu kommen noch eine Reihe weiterer Fragen: Wie genau bzw. unsicher sind die Messwerte, die gewonnen werden? Wiesehr können Analysen, die von verschiedenen Labors gemacht wurden, voneinander abweichen? Oder sogar: Kann man einen bestimmten Stoff überhaupt in einerextrem niedrigen Konzentration messen? Zweifellos wird in den Labors, welche über teure empfindliche Analysengeräteverfügen, ein hoher Aufwand betrieben, um die Zuverlässigkeit der eingesetzten Verfahren abzusichern. Eine gewisse Hilfestellung von außen erhalten die Labors durch sogenannte „Referenzmaterialen“. Das sind käuflich erhältliche Proben, deren Konzentrationen genau bekannt sind. Werden solche Proben analysiert, kann überprüft werden, ob und wie stark Messwerte, welche mit dem eigenen Verfahren erzielt werden, von den Referenzwertenabweichen. Eine weitere Möglichkeit zur Überprüfung der Analytik sind Ringversuche. Gleiche Proben werden an verschiedene Labors verschickt und dort analysiert. Schließlich werden die Ergebnisse vom Veranstalter ausgewertet und mit Referenzwerten verglichen. Da die Konzentrationen in den Analysenlabors zum Zeitpunkt der Messung unbekannt sind, kommt man den Routinebedingungen wesentlichnäher, als bei der Analyse von schon bekannten Referenzmaterialien. Meist sind bei Laborvergleichsversuchen mehrere Proben mit verschiedenen Konzentrationen zu analysieren. Aus den Ergebnissen erhält dann das Labor Hinweise über die Natur der Abweichungen (z.B.„immer zu hohe Werte“, „zufällige Streuung“,„Vertauschung“ etc.). Es gibt auch die Möglichkeit, dass eine Substanz in einer der Proben nicht vorhanden ist. Dadurch kann abgeklärt werden, ob Substanzenfälschlich nachgewiesen werden. Man sieht, dass Ringversuche das richtige und oft einzige Mittel sind, um Antworten auf die obigen Fragen zu finden. Tatsächlich sind heute die meisten Analysenlabors in der Lage, zuverlässige und vergleichbare Messwerte zu liefern.

Praxis und Perspektiven

Bei vielen Messkampagnen sind Ringversuche zu einem fixen Bestandteil geworden[5]. Wenn zum Beispiel in einem Umweltmonitoringprogramm Grundwasser aus Tausenden Messstellen auf Pestizidrückstände analysiert wird, ist es normal, dass sich ein Großteil der Pestizide in den Proben nicht nachweisen lässt. Das ist natürlich wünschenswert, aber dennoch musssicher gestellt sein, dass alle diese Pestizide sicher gefunden werden, sobald sie in messbarer Konzentration vorhanden sind.
Für Analysenlabors sind Laborvergleichsversuche zweifellos eine Dienstleistung. Wissenschaftlich interessant sind die Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit und Vergleichbarkeit der angewandten Analysenverfahren und deren Entwicklung über längere Zeiträume hinweg. Die früher häufig geäußerte Ansicht„Je niedriger die Konzentration, desto größer die Abweichung zwischen den Messwerten verschiedener Labors“ gilt heute als widerlegt. Tatsächlich werden selbst im allerniedrigsten Konzentrationsbereich 30 % selten überschritten [6]. Der Grund für diese Beobachtung dürfte einfach darin liegen, dass noch höhere Messunsicherheiten nicht akzeptabel sind. Andererseits gibt es für fast jedes Verfahren Möglichkeiten, dessen Genauigkeit zu verbessern, wenngleich manchmal miterheblichem Aufwand. Wissenschaftlich nicht weniger bedeutsam sind die Möglichkeiten und Techniken zur Herstellung und Charakterisierung der benötigten Ringversuchsproben. In den letzten Jahrzehnten ist so ein neuer Teilbereich der Analytischen Chemie entstanden, welcher die Brücke zu der wenig bekannten Lehre vom Messen, der Metrologie, bildet. Für die Zukunft hält dieser Wissenschaftszweig jedenfalls viele interessante Aufgaben bereit, die noch gelöst werden müssen.

Literatur beim Autor.

Foto: © Dr. Wolfgang Kandler

Stichwörter:
Analytik, Spurenanalytik

L&M 3 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 3 / 2008.
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