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Chemische Synthese von Vakzinen

Impfung gegen Tumore?

Die Impfung gegen Krankheiten – ein Segen für die Menschheit

Die Entdeckung von Emil von Behring im Jahre 1890, dass Bakterien in Mensch und Tier eine starke Immunantwort in Form von gegen Eindringlinge gerichteten Antikörpern (Immunoglobulinen) auslösen, markiert einen außerordentlichen Fortschritt in der Medizin. Seine Einführung der Impfung gegen Diphterie und Wundstarrkrampf (Tetanus) wurde 1901 mit dem ersten Nobelpreis für Physiologie und Medizin gewürdigt. Grundlage der Immuntherapie von Infektionskrankheiten ist, dass Moleküle (Saccharide, Polysaccharide, Proteine) der Zellwand von Bakterien vom Säugetierorganismus als fremd erkannt und durch die Bildung von gegen diese Fremdstrukturen gerichteten Antikörpern bekämpft werden. Immunreaktionen gegen virale Infektionen, z.B. Grippe, ließen sich schon schwieriger auslösen, weil die Viren für die Synthese ihrer Membranmoleküle den Biosyntheseapparat der Säugetierzellen nutzen. Ihre Membranmoleküle werden daher vom Organismus nicht direkt als fremd wahrgenommen. Kranke Zellen wie Tumorzellen tragen vom Organismus selbst produzierte, endogene Moleküle (Proteine, Glycoproteine und Glycolipide) auf ihren Membranen. Diese Molekülstrukturen sind nur schwach immunogen.
Ihnen gegenüber zeigt das Immunsystem des Organismus eine natürliche Toleranz. Nun haben aber G. F. Springer und Mitarbeiter [1] vor über 30 Jahren festgestellt, dass sich die Membran-Glycoproteine von normalen Epithelzellen und epithelialen Tumorzellen stark unterscheiden. Die Unterschiede betreffen weniger die Proteinsequenzen, sondern vielmehr die Kohlenhydratseitenketten. Biochemische Untersuchungen der vergangenen 20 Jahre haben ergeben, dass diese Strukturdifferenzen insbesondere für das Mucin MUC1 (Episialin) und seine tumorassoziierte Form gelten.

Das Mucin MUC1 als Zielstruktur für eine Immundifferenzierung zwischen Normal- und Tumorzellen

MUC1 ist ein in der äußeren Zellmembran verankertes Glycoprotein, das hoch glycosyliert ist und weit in den extrazellulären Raum (>100 nm) hinausreicht. Es wird auf nahezu allen Epithelgeweben exprimiert (Brust, Prostata, Dickdarm, Pankreas), auf den entsprechenden Tumorgeweben ist es meistens stark überexprimiert. In seinem großen extrazellulären Teil enthält es eine ausgedehnte Domäne, die aus zahlreichen, je nach Individuum in der Zahl variablen Wiederholungssequenzen besteht, so genannten Tandem Repeats. Jede dieser Wiederholungseinheiten schließt fünf potenzielle Glycosylierungsstellen, drei Threonine und zwei Serine ein. Im MUC1 auf den normalen Epithelzellen sind die Kohlenhydratseitenketten sehr lang, sie decken das Proteinrückgrat in diesem Teil völlig ab. Das MUC1-Molekül nimmt deshalb eine gestreckte, weit in die Umgebung hineinragende Form an. Es ähnelt einer mit Borsten dicht besetzten Reagenzglasbürste. Wegen charakteristisch veränderter Aktivitäten von Glycosyltransferasen (Kohlenhydrate übertragende Enzyme) sind auf den Tumorzellen die Kohlenhydratseitenketten häufig sehr viel kürzer und vorzeitig sialyliert, d.h., sie enden in dem in Schleimglycoproteinen gehäuft zu findenden C-9-Kohlenhydrat N-Acetyl-Neuraminsäure oder einer ihrer N-Acyl-Varianten (zusammen auch als Sialinsäure bezeichnet). Diese kurzen Saccharidseitenketten, O-glycosidischangeknüpft an Threonin oder Serin, gelten als tumorassoziierte Kohlenhydratantigene [1–3].Wegen der kurzen Saccharidseitenketten werden nach unserer Auffassung Peptidsequenzen in der Tandem Repeat-Region des Proteinrückgrates vom tumorassoziierten MUC1 für das Immunsystem zugänglich, welche nun zusätzlich zu den tumor assoziierten Kohlenhydratantigenentumor typische Peptidstrukturinformationen verkörpern, die auf den normalen, gesunden Zellen durch die langen Saccharidseitenketten völlig verdeckt sind. Die verkürzten Saccharidseitenketten im tumorassoziierten MUC1 haben offenbar auch zur Folge, dass sich die Konformationen der Peptidkette ändern. Die lang gestreckte Form kann nun knaufartige Faltungen (Turn-Konformationen) ausbilden [4], die weitere tumortypische Kennstrukturen darstellen. Aus den geschilderten Strukturunterschieden könnte man schließen, dass durch Impfung von Patienten mit aus Tumorzellmembranen isoliertem Mucin MUC1 eine tumorselektive Immunantwort induziert werden kann. Tatsächlich finden sich im Serum von Tumorpatienten solche Antikörper, die aber aufgrund der schon angesprochenen Toleranz keine Immunabwehr gegen das Tumorgewebe einleiten. Versuche, MUC1 von Tumorzellen zur Immunisierung einzusetzen, sind aber vor allem daran gescheitert, dass auf jedem Proteinstrang von tumorassoziiertem MUC1 sowohl kurze tumor assoziierte Saccharidantigene als auch lange, für normales MUC1 typische Kohlen hydratseitenketten in wechselnden Kombinationen angesiedelt sind. Reine tumortypische Glycoproteinstrukturen lassen sich nicht isolieren. Durch chemische Synthese kann man heute dagegen tumortypische Glycopeptidpartialstrukturen aus dem MUC1 rein herstellen [5]. Da sie zu schwach immunogen sind, müssen sie mit immunstimulierenden Faktoren verknüpft werden, um wirksame Vakzinen zu ergeben.

MUC1-Glycopeptid-Vakzine durch Verknüpfung mit T-Helferzell-Epitopen

Entsprechend den oben skizzierten Unterschieden in der molekularen Struktur des Mucins MUC1 auf den normalen Epithelzellen einerseits und den Tumorzellen andererseits werden als Zielstrukturen für das Immunsystem Glycopeptidantigene aufgebaut, in denen die tumorassoziierten Saccharidantigene wie das TN-Antigen, das Thomsen-Friedenreich-(T)-Antigen oder deren mit N-Acetyl-neuraminsäure (Sialinsäure) substituierte Formen wie das Sialyl-TN-Antigen mit Peptidsequenzen aus der Tandem-Repeat-Region von MUC1 verknüpft sind. Vielstufige chemo- und stereoselektiveSynthesen sind nötig, um die Fluorenylmethoxycarbonyl (Fmoc)-geschützten Glycosyl-Aminosäure-Bausteine in chemisch reiner Form zu gewinnen. Die in diesen Verbindungen (und in den aus ihnen gewonnenen Produkten) vorhandenen glycosidischen Bindungen bewirken im Vergleich zu normalen Fmoc-Aminosäuren eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Basen und Säuren. Dennoch können sie bei Einhaltung der inzwischen ausgearbeiteten Bedingungen erfolgreich in automatisierten Festphasensynthesen von MUC1-Glycopeptidantigenen eingesetzt werden. Schema 1 gibt zusammengefasst ein Beispiel wieder, in dem ein 2-Trimethylsilylethylester-Anker (in 1) und ein Sialyl-TN-Threonin-Baustein 2 verwendet wurden [6].
Die Abspaltung des Glycopeptids 3 erfolgte durch Spaltung des Ankers, in diesem Falle durch eine von Fluorid eingeleitete O-Eliminierung unter Neutralbedingungen. Nach Hydrogenolyse des Benzylesters wurden alle säurelabilen Schutzgruppen aus den Aminosäureseitenketten mit Trifluoressigsäure (TFA), Triisopropylsilan (TIPS, es dient zum Abfangen der tert-Butylkationen) und Wasser entfernt. Besondere Aufmerksamkeit erfordert die Abspaltung der O-Acetylgruppen, denn die O-glycosidischen Bindungen zu Serin/Threonin sind charakteristisch basenlabil. Ein pH-Wert von 11.4 sollte nicht überschritten werden. Die Glycopeptide (wie 4) wurden in der Regel durch anschließende präparative Reversed-Phase-HPLC in Mengen von >10 mg in reiner Form isoliert. Ihre Reinheit und ihre Struktur werden nicht nur durch Retentionszeiten in der analytischen HPLC und Massenspektren, sondern auch durch Hochfeld-Kernresonanzspektren belegt, wovon Abbildung 3 einen Eindruck gibt [6]. Nach derselben Vorgehensweise in der chemischen Synthese gelingt auch der Aufbau von vollsynthetischen Vakzinen, in denen das MUC1-Glycopeptid als B-Zellepitop über einen immunologisch unbedenklichen Oligoethylenglycol-Spacer mit einem das Immunsystem stimulierenden T-Zellepitop-Peptid, hier aus dem Ovalbumin, verknüpft ist (Schema 2). Diese nach Reinigung durch HPLC saubere, rein chemisch synthetisierte Vakzine (Abb. unten in Schema 2) wurde in einer Menge von 15 mg erhalten, was zur Immunisierung von Heerscharen von Mäusen ausreicht. Die sich anschließende Präsentation des T-Zellpeptides durch den „Major Histocompatibility“- Komplex (MHC) II auf der B-Zelle bewirkt dann über die Erkennung durch den vorgenannten CD4-Rezeptor die Aktivierung der T-Helferzellen, die nun über Zytokine und kostimulierende Faktoren dafür sorgen, dass eben diese B-Zellesich in eine Plasmazelle verwandelt und proliferiert, wodurch große Mengen von Antikörpern sezerniert werden, die gewissermaßen Kopien des Immunglobulin-Rezeptors auf der B-Zelle entsprechen. Tatsächlich wurden in den transgenen Mäusen mit der synthetischen Vakzine 5 starke Immunantworten ausgelöst. Zu deren Charakterisierung in „Enzyme-linked Immunosorbent Assays“ (ELISA) benötigt man auf Mikrotiterplatten immobilisierbare Formen der Glycopeptidantigene, gegen die die Immunreaktion gerichtet ist. Sie kann man durch Konjugation dieser Glycopeptide (wie 4) mit Trägerproteinen erhalten.

Konjugate von MUC1-Glycopeptiden mit Rinderserumalbum in (BSA) in ELISA-Tests

Zur Verknüpfung mit Trägerproteinen wie BSA wurden die Glycopeptide in den Festphasensynthesen N-terminal um eine Triethylenglycol-Spacer-Aminosäure verlängert. Die so gewonnene, völlig deblockierte Form 6 wurde mit bifunktionellen Linkermolekülen umgesetzt – im vorliegenden Fall mit Quadratsäurediester bei pH 8 zum Monoamid 7. Die erhaltene monofunktionelle Form 7 reagiert mit den Aminofunktionen der Lysine im Protein in Wasser (hier ist es der Quadratsäuremonoamidester bei pH 9.5) zum Konjugat 8. Es trägt laut MALDI-Massenspektrum im Mittel sechs tumorassoziierte Glycopeptid-Antigene in unangetasteter Struktur [6]. Dieses Glycopeptid-BSA-Konjugat 8 wird in wässriger Lösung in die Vertiefungen der Mikrotiterplatte eingebracht, wo es an der hydrophoben Oberfläche haften bleibt. Nach Spülen mit Wasser erhält man eine Beschichtung, die man als Imitierung einer Zelloberfläche verstehen kann. Bringt man das durch die Vakzine 5 in der transgenen Maus induzierte Antiserum auf die Mikrotiterplatte auf, dann bleiben nach dem Waschen nur jene Maus-Antikörper an diesem Konjugat haften, die spezifisch gegen das (in der Vakzine enthaltene) Glycopeptid gerichtet sind. Diese induzierten Maus-Antikörper werden mit einem biotinylierten Schaf-Antimaus-Antikörper nachgewiesen, dessen Anhaftung wiederum mit einem Streptavidin-Meerrettichperoxidase (HPO)-Konjugat sichtbar gemacht wird, das die Oxidation eines farblosen Heterozyklus durch Wasserstoffperoxid zu einem grünen Radikalkation katalysiert. Im ELISA-Diagramm ist dessen optische Dichte gegen die steigende Verdünnung des Maus-Antiserums aufgetragen. Es zeigt sich nun, dass in einer von drei transgenen Mäusen nach der zweiten Auffrischungsimpfung mit der vollsynthetischen Vakzine 5 eine stark erhöhte Immunreaktion auftrat. Das ist ein Indiz für die Ausbildung eines immunologischen Gedächtnisses und für den Wechsel vom IgM- zum IgG-Antikörpertyp. Neutralisierungen der in der Maus induzierten Antikörper mit dem synthetischen tumorassoziierten Glycopeptidantigen 4 zeigen eindrucksvoll die hohe Strukturspezifität der ausgelösten Immunantwort. Während das in der Vakzine präsente Sialyl-TN-Glycopeptid 4 die Antikörper völlig neutralisiert, bewirken weder das unglycosylierte MUC1-Peptid gleicher Sequenz, noch das Sialyl-TN-Glycopeptid mit einer Peptidsequenz aus dem Mucin MUC4 eine Neutralisierung dieser Antikörper. Man kann also konstatieren, dass durch die synthetische Vakzine 5 eine ausgesprochen strukturselektive Immunantwort ausgelöst wurde, die spezifisch gegen die für die Epitheltumorzellen typische MUC1-Glycopeptidstruktur gerichtet ist.
Die Selektivität der durch die synthetische Vakzine induzierten Immunreaktion ist erstaunlich und viel versprechend für das Ziel, einmal eine Aktivimmunisierung im Patienten gegen seine eigenen Karzinomzellen erreichen zu wollen. Allerdings zeigt die Vakzine im Durchschnitt nur in einer von drei Mäusen diese Wirkung. Auch handelt es sich bei den transgenen Mäusen um ein Modell, das nicht auf den Menschen übertragen werden kann.

Antitumor-Vakzine aus MUC1-Glycopeptidantigenen und Tetanus Toxoid

Um Glycopeptid-Impfstoffe zu gewinnen, die zuverlässig eine hohe Immunogenität zeigen und zugleich beim Menschen angewandt werden könnten, haben wir die synthetischen tumorassoziierten Glycopeptide über die schon in Schema 3 vorgestellten Verknüpfungselemente Spacer-Aminosäure und Quadratsäure-Linker mit Tetanus Toxoid als Trägerprotein verknüpft [7]. Tetanus Toxoid ist ein Protein mit einem Molekulargewicht von >150.000, das zahlreiche T-Zellepitope enthält. Es wirkt stark immunstimulierend und wurde schon in mehreren Impfstoffen, z.B. gegen Influenza, mit Erfolg zur Impfung von Menschen eingesetzt. Die in der beschriebenen Weise synthetisierte MUC1-Tetanus Toxoid (TTOX)-Vakzine 9 [7] wurde zur Impfung von zehn Wildtyp-Balb/c-Mäusen verwendet. Alle zehn Tiere zeigten eine sehr starke Immunreaktion. Nach der zweiten Auffrischungsimpfung wurden im ELISA-Test Antikörpertiter von >500.000 gemessen, d.h. nach einer Verdünnung des Antiserums der geimpften Maus (Maus 8) um den Faktor 500.000 wurden noch immer 50 % der optischen Dichte des grünen Radikalkations im ELISA (s.o.) gefunden. Das ist eine so starke Immunreaktion, dass sie in jedem Falle die zuvor angesprochene natürliche Toleranz gegen die endogenen Strukturen durchbrechen würde. Es ist zudem eine Immunantwort, die strukturselektiv gegen das tumorassoziierte MUC1-Glycopeptid gerichtet ist. Gibt man dieses Glycopeptid (9 ohne TTOX und Quadratsäureteil) zum Antiserum, dann werden die induzierten Antikörper neutralisiert, und eine Bindung an die MUC1-Glycopeptid-BSA-Konjugate auf der Mikrotiterplatte kann im ELISA nicht mehr festgestellt werden. Diese Selektivität der starken Immunreaktion ist unbedingt erforderlich, denn würden die induzierten Antikörper auch an Glycopeptid-Strukturen auf normalen Epithelzellen binden, könnte das unerwünschte Folgen haben. Leider zeigten die durch die synthetische Vakzine 9 ausgelösten Antikörper in einem Durchflusszytometer nur schwache Bindung an Brusttumorzellen der Linie MCF-7. In einer solchen durchflusszytometrischen Analyse wurden die Tumorzellen mit dem auf 1:1000 verdünnten Serum einer mit Vakzine 9 geimpften Maus inkubiert, danach gewaschen und gebundene Maus- Antikörper mit einem fluoreszenzmarkierten Ziege-Antimaus-Antikörper markiert. In der „Fluorescent-activated Cell Sorting“- (FACS)-Analyse im Durchflusszytometer werden alle passierenden Zellen durch Streuung eines Laserstrahls gezählt. Die durch die Antikörper erkannten und daher fluoreszierenden Zellen aber werden gesondert ausgemessen.
Nachdem die von der Vakzine 9 mit der Sialyl-TN-Seitenkette in den Mäusen zwar eine starke Immunantwort hervorgerufen hatte, die induzierten Antikörper aber in der durchflusszytometrischen Analyse nur schwache Bindung an die MCF-7-Brusttumorzellen zeigten, haben wir nach dem beschriebenen Prinzip eine MUC1-Glycopeptid-TTOX Vakzine 10 synthetisiert, in der die Glycosylierungsposition an anderer Stelle (hier Serin 17) liegt (Schema 5). Auch diese Vakzine löste in allen Mäusen eine sehr starke, toleranzbrechende Immunreaktion aus [8]. Die dabei gebildeten Antikörper zeigten nun in der FACS-Analyse eine vollständige Bindung an die Brusttumorzellen.
Neutralisierung des Antiserums mit dem in der Vakzine enthaltenen Glycopeptid (entspricht 4 in Vakzine 5) hebt diese Markierung der Tumorzellen durch die im Antiserum vorliegenden Antikörper auf [8].
Die Bindung der von Vakzine 10 induzierten Antikörper an die Membranglycoproteine der MCF-7-Brusttumorzellen spiegelt sich in der Markierung von Tumorzellen in Gewebeschnitten wider. In Abbildung 9 sind Gewebeschnitte von Mammakarzinomen dreier Patientinnen in lichtmikroskopischer Aufnahme und nach Inkubation mit dem Antiserum einer mit der synthetischen Vakzine 10 geimpften Maus dargestellt [8]. Die an die Tumorzellen bindenden Maus-Antikörper wurden wiederum mit einem Farbstoff-gekoppelten Sekundär-Antikörper (hier aus der Ziege) kenntlich gemacht [8]. Man erkennt, dass die durch Vakzine 10 induzierten Antiköper kaum an das Tumorgewebe im Frühstadium binden. An das Tumorgewebe in der mittleren G2-Phase binden sie schon deutlich und die Tumorzellen im fortgeschrittenen Tumor werden vollständig von den durch Vakzine 10 ausgelösten Antikörpern markiert. Dieses unterschiedliche Ausmaß der Markierung durch die Antikörper ist sicher auf den mit der Tumorprogression zunehmenden Anteil der tumortypischen MUC-1-Glycoprotein-Strukturen auf den Membranen der Brusttumorzellen zurückzuführen. Untersuchungen der Subtypen der durch die synthetischen Glycopeptid-TTOX-Vakzine ausgelösten Antikörper haben gezeigt [7,8], dass stark überwiegend IgG-Antikörper (IgG1) gebildet werden. Die Markierung der Tumorzellen durch diese spezifischen Antikörper sollte nach den immunologischen Mechanismen den Abbau der Tumorzellen durch das Immunsystem einleiten. Diese Ergebnisse berechtigen zu der Hoffnung, dass man durch Impfung mit chemisch synthetisierten Vakzinen der beschriebenen Art eines Tages eine Aktiv-Immunisierung von Patienten gegen ihr eigenes Tumorgewebe erreichen kann, was eine ganz neue Dimension der Tumortherapie eröffnen würde.

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Literatur:
[1] G. F. Springer, Science 1984, 224, 1198.
[2] J. Taylor-Papadimitriou, J. M. Burchell, D. W. Miles, M. Daziel, Biochim. Biophys. Acta 1999, 1455, 301; I. Brockhausen, Biochem. Soc. Tans. 2003, 31, 6318.
[3] F.-G. Hanisch, Biochem. Soc. Trans. 2005, 33, 705.
[4] J. D. Fontenot, S. V. Mariappan, P. Catasti, No. Domenech, O. J. Finn, G. Gupta, J. Biol. Struct. Dyn. 1995, 13, 245.
[5] T. Becker, S. Dziadek, S. Wittrock, H. Kunz, Curr. Cancer Drug. Targets 2006, 6, 491; O. Seitz, H. Kunz, Angew. Chem. 1995, 107, 901; H. Kunz, S. Birnbach, Angew. Chem. 1986, 98, 354.
[6] S. Dziadek, A. Hobel, E. Schmitt, H. Kunz, Angew. Chem. 2005, 117, 7803; S. Dziadek, D. Kowalczyk, H. Kunz, Angew. Chem. 2005, 117, 7798.
[7] A. Kaiser, N. Gaidzik, D. Kowalczyk, U. Westerlind, B. Gerlitzki, H. P. Sinn, E. Schmitt, H. Kunz, Angew. Chem. 2009, 121, 7688.
[8] N. Gaidzik, A. Kaiser, D. Kowalczyk, U. Westerlind, B. Gerlitzki, H. P. Sinn, E. Schmitt, H. Kunz, Angew. Chem. 2011, 123, 10153.

Foto: © Prof. Dr. Horst Kunz

L&M 6 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2012.
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