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LC-MS/MS - Mykotoxine - Wohnungsschimmel - Hausstaub

Staubsauger investigativ - Auf heißer Fährte zu verstecktem Wohnungsschimmel

Im Sommer 2004 reifte eine Idee, die sich mehr mit der kalten Jahreszeit und ihren Auswirkungen beschäftigte. Durch meine Tätigkeit als Gutachter für Innenraumschadstoffe, in der ich mich mit der Untersuchung von unerwünschten Substanzen in Innenräumen aus chemischer Sicht beschäftige, wurde ich immer wieder von Kunden auf den allseits bekannten Schimmel in ihren Wohn- und Arbeitsräumen angesprochen. In diesen Fällen ziehe ich üblicherweise entsprechende Fachleute hinzu, die sich mit den Ursachen und Effekten dieses baubiologischen und physikalischen Problems beschäftigen. Mir stellte sich jedoch immer die Frage: „Ist der Schimmel das einzige Problem?“

Aus Diskussionen im Rahmen von Forschungsprojekten, die sich mit der gut untersuchten Problematik von Mykotoxinen in Nahrungsmitteln beschäftigten, war es doch nahe liegend, dass auch der im Innenraum anzutreffende Schimmel Toxine produziert. Eine kurze Literaturrecherchebestätigte diese Überlegung. Bisher hatte sich aber kaum jemand dafür interessiert, wie mobil die auf den verschimmelten Baumaterialien gebildeten Mykotoxine sind. Gelangen sie in den Raum und können sie dort nachgewiesen werden? Einzelne Publikationen deuteten dieses an. Im Rahmen eines vom Land Nordrhein-Westfalen und der Europäischen Union teilgeförderten Projektes können wir nun seit 2006 dieses Phänomen näher untersuchen. Als Probenmatrix entschieden wir uns für den Hausstaub, da dessen Eigenschaft als Passivsammler insbesondere für schwerflüchtige Verbindungen gut bekannt ist. Mykotoxine gehören ganz überwiegend dieser Verbindungsklasse an. Zusätzlich kann davon ausgegangen werden, dass in allen Innenräumen auch Hausstaub anfällt. Einen weiteren Vorteil stellt die Beprobung dar. Idealerweise erfolgt diese durch den Raumnutzer selbst, indem regelmäßig Staub gesaugt wird. Ein gut gefüllter Staubsaugerbeutel dient somit als Probe, die analytisch zu untersuchen ist.
Ein Nachteil der Matrix Hausstaub sollte nicht unerwähnt bleiben: Hausstaub stellt im Hinblick auf seine Inhaltsstoffe keine konstante Matrix dar. Dieses ist leichtnachvollziehbar, wenn man sich die Unterschiede z. B. in den Haushalten einer 70 Jahre alten Dame und eines in den 40ern befindlichen Yuppies vor Augen führt. Diese Eigenschaft erschwert die analytische Untersuchung deutlich, da eine sehr robuste analytische Methodegefundenwerden musste, die gegenüber Schwankungen in der Probenmatrix unempfindlich ist. Doch welche der fast 500 bekannten Mykotoxine und Metaboliten sollten analysiert werden ?
Hier entschieden wir uns pragmatisch nach der Literaturlage. Grundlage für die Auswahl der Leitsubstanzen bildete das Vorkommen von Mykotoxinen auf Baumaterialien bzw. im Innenraum. Nicht unerwähnt bleiben darf die Marktverfügbarkeit als Standardsubstanz. Dadurch fiel die Auswahl auf die sieben Mykotoxine Citrinin, Gliotoxin, Aflatoxin B1, Deoxynivalenol, Sterigmatocystin, Diacetoxyscirpenol und Ochratoxin A. Viele weitere Toxinestehen zwar noch auf unserer Wunschliste, sind jedoch leider bisher nicht käuflich zu erwerben. Dieses liegt nicht zuletzt daran, dass sie im Bereich der Lebens und Futtermittelüberwachung keine Rolle spielen. Somit ist das Interesse der Industrie klein, entsprechende käufliche Standards herzustellen, zumal dies für viele Substanzenhäufig ein langwieriges Verfahren nach sich zieht. Die ausgewählten Mykotoxine werden alle von im Innenraumhäufig auftretenden Schimmelspezies wie z. B. Aspergillus spp. oder Penicillium spp. gebildet. Die toxischen Eigenschaften dieser Substanzen reichen von Zytotoxizitätund Immunsuppressivität über Mutagenität, Kanzerogenität bis hin zur Teratogenität. Über synergistische oder gar additive Wirkungen der Substanzen untereinander bzw. mit anderen Verbindungen gibt es bisher praktisch keine Untersuchungen, so dass hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht.

Der „Alleskönner“ LC-MS/MS

Der Hausstaub wird einer Siebung unterzogen, die bisher nur per Hand erfolgen konnte. Das Sieben der Probeentfernt einerseits Grobpartikel (wie Legosteine, Haare usw.) und andererseits den von Probe zu Probe stark variierenden Sandanteil, der durch seine hohe Dichte das Messergebnis stark beeinflussen würde. Danach erfolgt eine Extraktion des Staubes. Dieser stark gefärbte Extrakt wird direkt, ohne weitere Aufreinigung mittels eines LCMS/MS Triple-Quadrupol-Systems (Shimadzu Prominence HPLC mit 3200 Q TRAP) analysiert. Parallel zur Messung der sieben Einzelsubstanzen wird ein Screening in einem m/z-Bereich durchgeführt, der eine große Anzahl von Massen der bekannten Mykotoxine beinhaltet. Somit können in jeder Probe auch weitere Toxine erkannt werden. Hierbei muss allerdings einschränkend erwähnt werden, dass keine Quantifizierung oder auch nur eine Abschätzung der Konzentration möglich ist.
Unsere Proben bestehen einerseits aus aktuellen Schadensfällen und Kontrollproben, andererseits haben wir Zugriff auf eine Hausstaubsammlung, die repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ist und aus der Norddeutschen Lymphom- und Leukämiestudie stammt. Diese Sammlung wurde uns freundlicherweise durch Prof. Butte von der Universität Oldenburg und Prof. Hoffmann von der Universität Greifswald zur Verfügung gestellt. Beider Untersuchung von bisher 170 Proben dieser Sammlung, die nicht fallinduziert sind, konnten wir in 4 Proben Sterigmatocystin, in 16 Proben Deoxynivalenol und in einer Probe Gliotoxin nachweisen. An diese Ergebnisse schließt sich natürlich sofort die Frage nach der gesundheitlichen Relevanz an. Leider können dazu bisher keine Aussagen getroffen werden, da noch zu wenig über die tatsächlich beim Raumnutzerankommenden und aufgenommenen Mengen der Toxine bekannt ist. Zusätzlich sind keine Abschätzungen oder Untersuchungen bekannt, die die Auswirkungen einerchronisch niedrigen Exposition gegenüber ausgewählten Mykotoxinen bewerten.
Spannende Ergebnisse sind zu erwarten, wenn unsere Messergebnisse der Proben aus den Schadensfällen mit den Ergebnissen der Uni Oldenburg verglichen werden. Dort werden diese Proben auf die Anzahl der koloniebildenden Einheiten und die im Staub auftretenden Schimmelspeziesuntersucht. Lassen sich hier Korrelationen erkennen? Kann man zukünftig durch eine kurze chemische Staubanalyse einen verdeckten Schimmelpilzbefall in der Wohnung erkennen? All diese Fragen hoffen wir in weiteren Forschungsprojekten umfassend beantworten zu können.

plegge@iuta.de

Foto: © Photocase

Stichwörter:
Chromatographie, LC-MS/MS, Mykotxine, Hausstabub, Sterigmatocystin, Deoxynivalenol, Gliotoxin

L&M 2 / 2008

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 2 / 2008.
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