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Pflanzliche Antidepressiva – Bioverfügbarkeit als „zentrale“ Frage

Farbstoff für gute Laune?

Der Nachweis wirksamkeitsbestimmender Substanzen in Zielgeweben stellt für die Erforschung und Optimierung von Arzneimitteln ein wichtiges Kriterium dar. Zur Bearbeitung einer entsprechenden Fragestellung werden dabei Methoden benötigt, die sowohl hinreichend empfindlich als auch selektiv sind. Neben der Massenspektrometrie kann hierbei auch die Elektrochemie die nötigen Voraussetzungen bieten. Eine solche Methode zur Bestimmung der Bioverfügbarkeit von Hypericin und Pseudohypericin im zentralen Nervensystem wurde am Pharmazeutischen Institut der Goethe-Universität Frankfurt entwickelt und im Rahmen einer Tierstudie angewandt. Die Inhaltstoffe des Johanniskrauts sind hinsichtlich möglicher antidepressiver Eigenschaften von Interesse.

Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) gehört zu den ältesten und am besten untersuchten Arzneipflanzen; zahlreiche unterschiedliche Zubereitungen sind erhältlich und werden für verschiedene Indikationen eingesetzt. Den Grundsätzen der evidenzbasierten Medizin können aber nur Präparate standhalten, die aus alkoholischen Extrakten bestehen und zur Therapie der leichten bis mittelschweren Depression eingesetzt werden. Derzeit sind zahlreiche Johanniskrauttrockenextrakt-Präparate am Markt erhältlich, die auf unterschiedlichen Extrakten basieren. Die Wirksamkeit dieser Extrakte differiert jedoch erheblich und hängt von Art und Gehalt der enthaltenen Inhaltsstoffe ab. Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen ist die Wirkung von Johanniskraut nicht nur auf einen einzelnen Inhaltsstoff oder eine einzelne Inhaltsstoffgruppe des Extraktes zurückzuführen, sondern es scheinen verschiedene Inhaltsstoffe über unterschiedliche Mechanismen mehr oder weniger stark zur antidepressiven Wirksamkeit beizutragen. Diesbezüglich die interessantesten Inhaltsstoffklassen sind die Phlorogluciolderivate (Hyperforin, Adhyperforin), die Flavonoide und Biflavone (Quercitrin, Isoquercitrin, Hyperosid und Rutin bzw. Biapigenin) und die Naphthodianthronderivate (Hypericin, Pseudohypericin). Letztere gehören zweifellos zu den auffälligsten Inhaltsstoffen des Johanniskrauts und man ging lange Zeit davon aus, dass diese Substanzen für die antidepressive Wirksamkeit des Extraktes Verantwortlich sind. Demgegenüber ist es bis jetzt nicht gelungen, plausible Wirkmechanismen für Hypericin und Pseudohypericin zu beschreiben, lediglich für die Phloroglucinolderivate sind Wirkungsweisen bekannt. Die überwiegende Mehrheit der hierbei angesprochenen Zielstrukturen liegt – wie auch bei synthetischen Antidepressiva – im zentralen Nervensystem (ZNS), weswegen die ZNS-Bioverfügbarkeit zur Beurteilung des Beitrags einzelner Extraktkomponenten zur Gesamtwirkung von zentraler Bedeutung ist.

Probengut

Mit der entwickelten Methode lassen sich Hypericin- und Pseudohypericin-Konzentrationen in nahezu beliebigen Geweben bestimmen. Zur Beurteilung der ZNS-Bioverfügbarkeit wurden nun Hypericin (5 mg/kg Körpergewicht) und Johanniskrautextrakt (1600 mg/kg Körpergewicht) im Rahmen einer Fütterungsstudie an männliche NMRI-Ratten (n=12) verabreicht. 4 h nach Dosiserhalt wurde das Hirngewebe entnommen.

Probenvorbereitung

Die Probenvorbereitung basiert zunächst auf einer Homogenisierung des entnommenen Gewebes in Tris-Puffer (5 mmol/L, pH 7,4; Verhältnis Gewebe : Puffer = 100 mg : 1 mL) mit anschließender Proteinfällung durch Zugabe von Tetrahydrofuran (THF) und Methanol im Verhältnis Homogenat : THF : Methanol = 500 : 500 : 30. Nach der Proteinfällung werden 850 ?L der erhaltenen Lösung auf eine 1 mL-Extrelut®-Säule aufgezogen und mit 6 mL Diethylether flüssig-flüssig extrahiert. Nach Abblasen des Ethers im Stickstoffstrom wird der Rückstand in 1 mL Methanol aufgenommen und 100 ?L dieser Lösung werden vermessen.

Analytik – HPLC mit elektrochemischer Detektion

Die Vermessung der vorbereiteten Proben erfolgt mithilfe der Hochdruckflüssigkeitschromatografie (HPLC) mit elektrochemischer Detektion (ECD) (Abb. 1). Vorteile eines solchen Verfahrens liegen in einer hohen Empfindlichkeit und Selektivität, jedoch sind prinzipbedingt Nachteile in Kauf zu nehmen. Beispielsweise muss bei der chromatografischen Trennung auf einen Fließmittelgradienten verzichtet werden und das Pumpensystem der HPLC-Anlage ggf. mit einem zusätzlichen Pulsationsdämpfer ausgerüstet werden; ferner können bei mehreren Analyten die Parameter des Detektors nicht ohne Weiteres an jeden Analyten angepasst werden. Darüber hinaus hat die Wahl des Fließmittels (pH-Wert, elektrische Eigenschaften) entscheidenden Einfluss auf die Empfindlichkeit des Detektors. Nach erfolgter Injektion wird die Probenlösung zunächst durch einen Lichtreaktor geleitet. Dieser soll eventuell vorhandene Spuren von Protoverbindungen des Hypericins und Pseudohypericins in die native Form umwandeln, ferner wirkt er durch die Länge seiner Kapillaren zusätzlich pulsationsdämpfend. Anschließend werden die Zielanalyten Hypericin und Pseudohypericin mithilfe zweier direkt gekoppelter Säulen isokratisch von Matrixbestandteilen abgetrennt. Durch die Säulenkopplung ist es dabei möglich, Adsorptions- und Verteilungschromatografie zu kombinieren: Zunächst erfolgt auf einer Polyethylenglycol- (PEG-) Phase (Discovery ® HS-PEG 5 ?m, 150x4,6 mm) die Trennung durch Sorptions- und Verteilungsmechanismen, es folgt dann auf einer RP18- Umkehrphase (Chromolith SpeedROD® RP18e, 50x4 mm) eine weitere Aufspaltung durch Verteilungsmechanismen. Um ein zu starkes Ansteigen des Säulenrückdrucks zu vermeiden und um bei geringer Säulenlänge gute Trennleistungen zu erzielen, wurde als Umkehrphase auf eine monolithische Säule zurückgegriffen. Nach erfolgter Trennung gelangen die Analyten in den amperometrischen Detektor, der zuvor auf eine Temperatur von 35 °C und eine Zellspannung von +0,93 V eingestellt wurde. Wie bereits erwähnt, ist für eine empfindliche Detektion die Wahl des richtigen Fließmittels entscheidend. Verwendet wird im vorliegenden Fall bei einer Flussrate von 0,4 mL/min ein Gemisch aus 45 % Methanol, 25 % THF und 30 % Phosphatpuffer (75 mmol/L, pH 2,8). Der THF-Zusatz hat sich hierbei als vorteilhaft erwiesen, da dieser das Grundrauschen in der Messzelle merklich reduziert. Es ist leicht ersichtlich, dass die gewählten Parameter einen Kompromiss zwischen einer zufrieden stellenden Chromatografie und einer möglichst empfindlichen Detektion darstellen. Im Einzelfall sollte daher bei Verwendung der vorgestellten Methode auf dem eigenen HPLC-AD-System das Fließmittel und ggf. die Temperatur neu angepasst werden. Für eine empfindliche Detektion sollte der pH-Wert möglichst nicht zu niedrig liegen, da ansonsten das Grundrauschen des Detektors ansteigt, ferner sollten Flussrate und Temperatur möglichst niedrig gewählt werden, um einen zufrieden stellenden Stoffumsatz in der Messzelle zu erreichen.

Instrumentelles Set-up:

- Waters 600 controlle
- In-Line Degasser AF
- Waters 717plus autosampler
- Waters 2465 electrochemical detector
- Lichtreaktor (eigene Konstruktion, Lichtfarbe 950, 36 W)

Resultate

Mithilfe der gewählten Methodenparameter ist es möglich, 59 fmol Hypericin und 134 fmol Pseudohypericin zu detektieren (Abb. 2). Nach Vermessung des Hirngewebes konnte jedoch in keiner Probe Hypericin oder Pseudohypericin nachgewiesen werden (Abb. 3), es konnte gezeigt werden, dass die Blut-Hirn-Schranke nicht überwunden wird. Das bedeutet, dass beide Stoffe entgegen früheren Überlegungen wahrscheinlich keine dominante Rolle für die antidepressive Wirksamkeit von Johanniskraut spielen [1].

Foto: © Dr. Alexander Paulke

L&M 1 / 2012

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 1 / 2012.
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