Medizin
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Krebsforschung - Funktionelle Genom- und Proteomanalyse
Krebsforschung - Funktionelle Genom- und ProteomanalyseZelluläreren Übeltätern auf der Spur
Dr. Jörg Hoheisel, Abteilung Funktionelle Genomanalyse, Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ), Heidelberg Wie bei der Verbrechensbekämpfung sind Tumorzellen nicht immer einfach zu fassen und dingfest zu machen. Zum einen verstecken sie sich speziell in frühen Krankheitsstadien unauffällig in der Menge und in unterschiedlicher Umgebung. Zum anderen sind sie, bevor sie in großer Zahl auftreten, häufig nicht unmittelbar an ihrem Verhalten zu erkennen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie sich auch untereinander unterscheiden. Funktionelle Studien haben das Ziel, bestimmte Veränderungen auf molekularer Ebene eindeutig mit Variationen der zellulären Funktionen im Tumor zu korrelieren – quasi eine Art Rasterfahndung –, um so präzisere Aussagen treffen zu können und die Übeltäter zu schnappen. Motivation Nach der Entschlüsselung der menschlichen Erbsubstanz wurde eine Vielzahl an Biomarkern – Sequenzänderungen der DNA, Variationen in der Aktivität von Genen und Ähnliches mehr – gefunden, die mit dem Auftreten bestimmter Erkrankungen korreliert [1]. Allerdings sind einzelne Veränderungen meist wenig aussagekräftig und für eine klinische Nutzung unzureichend, sprich: Es mangelt an Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Um aus der Vielzahl bekannter Veränderungen diejenigen herauszufiltern, die wirklich relevant und spezifisch genug sind, werden ihre Auswirkungen für die Funktion von Zellen und Geweben analysiert. Viele Veränderungen auf molekularer Ebene haben nämlich keine direkte biologische Konsequenz oder sind nur die Folge anderer Vorgänge und nicht die Ursache der Erkrankung.
Automatisierung der Untersuchungen Während bis vor Kurzem nur wenige molekularbiologische Analyseverfahren im hohen Durchsatz möglich waren, wurden mittlerweile Methoden entwickelt, die auch funktionelle Aspekte an vielen Proben testen können. Damit reicht diese Pipeline weiter als die Analyse der Nukleinsäuren durch Hochdurchsatzsequenzieren, mit dem ein menschliches Genom bald innerhalb von zwei/drei Tagen vollständig entziffert – wenn auch noch nicht vollständig verstanden – sein wird, dem Nachweis von Methylierungs- und damit Strukturänderungen der DNA oder der Aktivität kodierender und nicht-protein-kodierender Gene durch Mikroarrays. So können beispielsweise die Auswirkungen des Ausschaltens einiger bis aller menschlichen Gene in einem einzigen Experiment bestimmt werden [2]. Auf Proteinebene sind sehr ähnliche Entwicklungen im Gange. Neben der Hochdurchsatz- Analyse von beispielsweise Proteinsequenzen mittels Massenspektrometrie, Messung der Expressionsveränderung durch Antikörper-Mikroarrays und Bestimmung von Strukturänderungen mittels biophysikalischer Methoden liegt ein Fokus zurzeit vor allem auf der Herstellung von Molekülen (etwa Antikörpern), die spezifisch an jedes der in Zellen vorkommenden Proteine und seiner Isoformen binden [3]. Damit können unter anderem gezielt Proteinaktivitäten nachgewiesen oder blockiert werden. Dies wird durch Testverfahren auf funktionelle Konsequenzen wie etwa dem Auftreten eines programmierten Zelltods (Apoptose) oder einer Verstärkung des Zellwachstums komplementiert. Zusätzlich wird es möglich, gleichzeitig physiologische und molekulare Parameter zu messen.
Datenkombination und Modellierung Aus den vielen Einzelaspekten muss ein gemeinsames Bild der Vorgänge und ihren Zusammenhängen erstellt werden. Damit stoßen die Biologie und molekulare Medizin in Größenbereiche der Datenverarbeitung vor, die bisher der Physik vorbehalten waren, und darüber hinaus. Aus den Daten werden Systemmodelle berechnet, die mit den Fakten kompatibel sein müssen. Diese Modelle werden dann in der experimentellen Realität überprüft und entsprechend angepasst. Diese Entwicklung wird zur weiteren Auftrennung in eine theoretische und experimentelle Biologie beitragen. Die Grenzen des Machbaren Trotz aller Fortschritte sind beispielsweise viele zellbiologische Aspekte bei der Modellierung zurzeit noch außen vor. Viele Parameter wie Topologie, Molekülverteilung und andere Aspekte komplexer Zelloder gar Gewebestruktur sind global noch unzureichend bekannt oder lassen sich nur schwer mit den vorhandenen molekularen Datensätzen verquicken und in Modelle integrieren. Aber auch dort sind die Fort schritte enorm und es wird recht bald zu einer stärkeren Verschmelzung kommen als bisher. Zurzeit liegt der Schwerpunkt der Systembiologie jedoch noch im Bereich des Genoms und Proteoms, sprich der Aktion und Interaktion der Gesamtheit aller Nukleinsäuren als grundlegendem Informationsträger und der Proteine als den wesentlichen Effektormolekülen in den Zellen. Aber selbst diese funktionelle Trennung der Molekülklassen verschwimmt mit zunehmendem Kenntnisstand immer mehr. Auch Nukleinsäuren sind biologisch aktive Moleküle und Proteine können Information speichern. Auswirkungen auf Diagnose und Therapie Duch eine Zuordnung von Funktionen lassen sich wichtige und relevante Biomarker von anderen, „nur“ assoziierten Veränderungen unterscheiden. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Biomarker zur sicheren Diagnosestellung ausreicht oder einer Therapie zugänglich ist. Gleichzeitig kann durch eine gemeinsame Analyse vieler molekularer Ebenen die Sicherheit der Aussage nochmals überprüft und damit noch sicherer gemacht werden. Mit Kenntnis der Funktion können durch Modellierung auch frühe Veränderungen während der Tumorentwicklung postuliert werden und damit neben früher Diagnosestellung auch neue Therapie- oder Präventionsansätze gefunden werden. Ein Überblick über die Funktionen der einzelnen Moleküle und ihrer Modifikationen im einzelnen Patienten wird auch erlauben, bestehende Therapien gezielter auszurichten. Die Kunst des Lebens
Neben der unmittelbaren Umsetzung der gewonnenen Information zur verbesserten Gesundheitsfürsorge wird es durch eine Kombination aus neuen biosynthetischen Methoden und funktionaler Information möglich, komplexe experimentelle Systeme nachzustellen. Eine zellfreie Biosynthese wird für viele biotechnologischen und pharmakochemischen Herausforderungen immer wichtiger. Ein zweites Ziel ist die Implementierung artifizieller molekularer Systeme. Sie werden in Zukunft bestehende systembiologische Ansätze komplementieren und eine experimentelle Überprüfung von Wirkstoffen im artifiziellen System erlauben. Während Ansätze dazu bisher nur auf einfachster Ebene im Bereich einzelner Nukleinsäuresequenzen und Proteine bestehen, mag dies auf lange Sicht zur Etablierung eines synthetischen, selbstreplizierenden Systems führen mit der langfristigen Perspektive, ein archetypisches Modell einer Zelle zu etablieren. Foto: © fotoflash - Fotolia.com | © Benjamin Haas - Fotolia.com |
L&M 3 / 2010Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |