Forscher
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Prof. Dr. Mario Thevis
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Clenbuterolanalytik in Dopingkontrollproben – Medikamentenmissbrauch oder Lebensmittelkontamination
Clenbuterolanalytik in Dopingkontrollproben – Medikamentenmissbrauch oder LebensmittelkontaminationFleisch als DopingfalleClenbuterol, ein β2-sympathomimetisches Medikament, gehört seit mehr als 2 Jahrzehnten zur Liste der verbotenen Wirkstoffe im Sport. Aufgrund seiner mutmaßlich leistungssteigernden Wirkung wird es in Urinproben zu Dopingkontrollzwecken routinemäßig erfasst und mithilfe moderner flüssigkeitschromatografisch-massenspektrometrischer Instrumente sind Nachweisgrenzen im unteren Pikogramm-pro-Milliliter-Bereich möglich. Diese Empfindlichkeit erlaubt lange Nachweiszeiten nach Absetzen der illegal eingenommenen Substanz; sie hat zudem ein Lebensmittelkontaminationsproblem in einigen Regionen außerhalb Europas aufgezeigt, das Leistungssportler in eine schwierige Situation bringen könnte. Seit 1992 ist Clenbuterol, ein racemisches Gemisch von zwei Enantiomeren, im Sport verboten und wird in Dopingkontrollen in der Regel mittels Flüssigkeitschromatografie/(Tandem)-Massenspektrometrie analysiert. Aufgrund seiner anabolen Eigenschaften ist Clenbuterol im Sport nicht als β2-Agonist aufgeführt, sondern in der Kategorie S1.2 (weitere anabole Wirkstoffe) und ist somit zu jeder Zeit verboten, d.h. sowohl während als auch außerhalb des Wettkampfs [1]. Da für Clenbuterol kein Grenzwert existiert, stellt die Detektion des Analyten in Dopingkontrollproben unmittelbar ein so genanntes adverse analytical finding (AAF) dar. Damit möglichst lange Nachweiszeiten nach Absetzen der vermeintlich illegal eingenommenen Substanz gegeben sind, wurden in den letzten Jahren deutliche Verbesserungen in der instrumentellen Analytik angestrebt, die in sehr niedrigen Detektionslimits resultierten – mit der Konsequenz, dass zahlreiche Sportler der Einnahme von Clenbuterol überführt werden konnten. Ein typisches Beispiel einer Clenbuterol-Analytik einer Urinprobe, die ca. 3pg/mL Clenbuterol enthielt, ist in Abbildung 2 gezeigt. Die hier angewendete Methodik bestand aus einer Flüssig-Flüssig-Extraktion aus Urin in tert.-Butylmethylether mit anschließender Re-Extraktion in wässrige Salzsäure (0.06 M) und LC-MS/MS Analytik. Glenbuterol in Lebensmitteln Die Tatsache, dass Clenbuterol anabole Wirkung insbesondere bei Hochdosierung zeigt, hat zu einem Missbrauch der Substanz auch im Bereich der Fleischproduktion geführt und konsequenterweise auch zu einem Verbot des Einsatzes in dieser Branche auf internationaler Ebene [2]. Dennoch wurden in 2010 und 2011 Athleten positiv auf Clenbuterol getestet, nachdem sie an Sportereignissen im außereuropäischen Ausland (hier China und Mexiko) teilgenommen haben, zurückzuführen auf kontaminierte Lebensmittel. 2010 war es ein Team, das von einem Wettkampf in China nach Deutschland zurückkehrte und alle Mitglieder niedrige, jedoch deutlich messbare Clenbuterol-Konzentrationen im Urin bei Dopingkontrollen aufwiesen [3]. Eine Folgeuntersuchung mit Touristen, die unterschiedlich lange Aufenthaltszeiten in China hatten und verschiedene Orte besuchten, sowie mit in China lebenden Personen verdeutlichte die Problematik des illegalen Einsatzes von Clenbuterol in der Tiermast, da 22 der 28 getesteten Freiwilligen nach geltenden Antidopingregeln „positive“ Testergebnisse geliefert hätten. Da diese Problematik einigen Antidopingorganisationen bereits vor den Olympischen Spielen 2008 bekannt war, hat es eine Warnmeldung bezüglich des Fleischkonsums in China gegeben, um Athleten vor einer unbeabsichtigten Aufnahme des Clenbuterols und somit einer „Dopingfalle“ zu bewahren. Denn eine Differenzierung einer länger zurückliegenden dopingrelevanten Gabe des Medikaments und einer geringen Dosis, aufgenommen mit kontaminierten Lebensmitteln, ist analytisch betrachtet eine besonders komplexe Aufgabe. Eine ähnliche Situation gilt für Mexiko; auch hier haben verschiedene Lebensmitteluntersuchungen in den letzten Jahren den missbräuchlichen Einsatz von Clenbuterol in der Tiermast aufgezeigt [4, 5]. Aufmerksam auf mögliche Konsequenzen für Profisportler wurde man erstmals im Mai 2011, als fünf Spieler der mexikanischen Herren-Fußball-Nationalmannschaft mit dem β2-Agonisten positiv getestet wurden [6]. Als besonders problematisch zeigte sich dieser Befund, da im Folgemonat die Weltmeisterschaften der U-17-Fußball-Junioren stattfinden sollte, sodass der Weltfußballverband FIFA neben den regulären Dopingkontrollen umfangreiche Untersuchungen der Lebensmittelqualität während des Turniers organisierte. Insgesamt wurden 208 Urinproben der Sportler zu Dopingkontrollzwecken genommen. Das analytische Ergebnis präsentierte 109 Funde von Clenbuterol, wobei die Konzentrationen bis zu 1500pg/mL Urin erreichten [7]. Die parallel genommenen Lebensmittelproben wurden in einem entsprechenden Labor in den Niederlanden geprüft und 14 von 47 zeigten zum Teil erhebliche Mengen Clenbuterol, die aus- reichend für die vorgefundenen Mengen in den Dopingkontrollproben waren, sodass kein Spieler aufgrund eines Verstoßes gegen Antidopingbestimmungen sanktioniert wurde. Eine Aufschlüsselung der Proben nach Wettkampfort zeigte keinen eindeutigen Trend: Die Spielstätten waren in Guadalajara, Mexico City, Monterrey, Morelia, Pachuca, Querétaro und Torréon, wo jeweils zwischen 8 und 36 Spieler getestet wurden. Da Teams zum Teil an verschiedenen Spielorten antraten, ist ein Rückschluss auf den Ort der Kontaminationsaufnahme anhand der Urinproben nicht möglich. Als interessanter Aspekt ist jedoch festzuhalten, dass von den 24 teilnehmenden Teams fünf ausschließlich negative Dopingkontrollen produzierten, wovon zumindest eines, den Warnmeldungen Folge leistend, während des gesamten Turniers auf Fleischkonsum verzichtete. Analytische Herausforderung Die Schwierigkeit der Clenbuterolproblematik im Zusammenhang mit Dopingkontrollen ist an diesen Beispielen deutlich zu erkennen und verschiedene Ansätze wurden verfolgt, um eine analytische Möglichkeit zur Differenzierung von Lebensmittelkontamination und (länger) zurückliegender absichtlicher Einnahme des Medikaments zu bieten. Ein Ansatz, der in der jüngeren Vergangenheit verfolgt wurde, beruht auf der bereits oben erwähnten Tatsache, dass Clenbuterol als Medikament ein Racemat ist. Nach Verabreichung von Clenbuterol konnte in Schweinen gezeigt werden, dass im essbaren Gewebe (z. B. Muskel) das therapeutisch inaktive (+)-Stereoisomer deutlich besser angereichert wird als das (-)-Stereoisomer und somit sich mit zunehmender Absetzzeit der Clenbuterolbehandlung ein signifikanter Konzentrationsunterschied der beiden Komponenten einstellt [8]. Enantiomerenanalytik bietet neue Möglichkeiten Dies würde bedeuten, dass ein Unterschied zwischen der Gabe eines therapeutischen Produkts und einer Lebensmittelkontamination vorliegen und ggfs. aufgezeigt werden kann, sofern die Abreicherung des (-)-Stereoisomers des Clenbuterols ausreicht. Um diese Hypothese zu prüfen, wurde eine Methodik zur Enantiomerentrennung mit anschließender Isotopenverdünnungsanalyse per LC-MS/MS etabliert, sodass das Verhältnis der Enantiomeren bestimmt und so möglicherweise eine therapeutische Gabe bzw. eine Kontamination zu identifizieren ist. Ein Chromatogramm einer Urinprobe mit Clenbuterol nach Enantiomerentrennung ist in Abbildung 3 dargestellt, in dem eine Basislinientrennung zu erkennen ist. Zwei Ausscheidungsstudien mit einfachen therapeutischen Clenbuterolgaben wurden durchgeführt und zeigten gemäß den Erwartungen, dass zu keinem Zeitpunkt innerhalb der getesteten 160 Stunden das Enantiomerenverhältnis (-)/(+) in Urin unter 1 lag, da auch hier das (+)-Stereoisomer eine erhöhte Retention im Gewebe aufweist und somit das (-)-Stereoisomer in deutlich höherem Maße ausgeschieden wird [9]. Nach oraler Aufnahme eines Enantiomerengemischs von Clenbuterol, das bereits bezüglich des (-)-Stereoisomers abgereichtert ist (wie es im Falle von kontaminiertem Fleisch vorliegen könnte), ist ein erniedrigter Wert des Verhältnisses möglich, der nicht mit einer therapeutischen Verabreichung in Einklang zu bringen ist. Eliminationsstudien mit Enantiomer abgereicherten Clenbuterolgemischen sind bislang nicht bekannt; Messungen von Sportlerurinen jedoch haben gezeigt, dass zumindest in ausgewählten Fällen (-)/(+)-Verhältnisse deutlich unter 1 bestimmt werden konnten. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Wert über 1 nicht beweisen kann, dass gedopt wurde, ein Wert unter 1 aber mit bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht in Übereinstimmung mit therapeutischen Clenbuterolapplikationen beim Menschen gebracht werden kann, ist eine Überprüfung des Enantiomerenverhältnisses bei Clenbuterolfunden in jedem Falle hilfreich. Weitere, zum Teil umfangreiche Studien sind erforderlich, um die Aussagekraft der Enantiomerenanalytik zu prüfen; ein möglicher Ansatz scheint allerdings gegeben.
Literatur Fotos: ©Panthermedia.net|Andrjuss Soldatovs; pa-picture alliance |
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