Forscher
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Prof. Dr. Martin Steinhart
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Hierarchische antiadhäsive Oberflächen durch Nachahmung von Insektenfallen
Hierarchische antiadhäsive Oberflächen durch Nachahmung von InsektenfallenFleischfressende Pflanzen, Karnivoren, darunter die tropischen Kannenpflanzen Nepenthes spp., haben schon immer durch ihre bemerkenswerte Fähigkeit, die essentiellen Nährstoffe nicht nur aus dem Boden, sondern zusätzlich durch das Fangen von Tieren zu beziehen, fasziniert. Im letzten Jahrhundert standen viele Aspekte der Nepenthes-Biologie im Mittelpunkt von Feldstudien und vielen strukturellen und experimentellen wissenschaftlichen Arbeiten. Dabei war insbesondere die Fangeffizienz in Hinblick auf den Aufbau und die Funktionen der Fangorgane, den sogenannten Kannen, von Interesse. Neben der rein biologischen Betrachtungsweise sind diese fleischfressenden Pflanzen in jüngster Zeit Modellorganismen für vielfältige biomimetische Fragestellungen. So beschäftigt sich das Zoologische Institut der Universität zu Kiel in einer engen Kooperation mit dem Institut für Chemie neuer Materialien der Universität Osnabrück mit der Entwicklung von hierarchischen antiadhäsiven Materialien durch die Erforschung und Nachahmung der Gleitzone von Nepenthes alata-Kannen. Fangen und Behalten Kannenförmige an den Rankenspitzen sitzende passive Fangorgane sind ein charakteristisches Merkmal für die Gattung Nepenthes (Abb. 1). Diese Kannen bestehen aus strukturellen und funktionellen Zonen, die für die jeweilige Aufgabe spezialisierte makro- und mikromorphologische Strukturen aufweisen. Schon früh wurde erkannt, dass eine dieser Zonen, die im oberen Teil der Kanneninnenseite gelegene weißlich schimmernde Gleitzone (Abb. 2), für das Einfangen der Insekten und als Fluchtbarriere von größter Bedeutung ist. Dabei sind die für das Abgleiten der Insekten verantwortlichen Strukturen, zum einem bestimmte mondförmige Zellen ( lunate cells) zum anderen eine epikutikuläre dreidimensionale Wachsschicht.Effektive Antihaftung
Die von unserer Arbeitsgruppe in den letzten Jahren durchgeführten intensiven mikromorphologische Studien zeigten, dass bei dem Modellorganismus N. alata die Gleitzone aus drei deutlich differenzierbaren hierarchisch aufgebauten Ebenen besteht: [1] den anisotropen, nach unten gerichtete mondförmige Zellen, mit einer Größenordnung von mehreren Duzend Mikrometern, [2] der unteren Wachsschicht, aufgebaut aus einem Netzwerk von miteinander verbundenen mikroskopischen Wachskristallen und [3] der oberen Wachsschicht, die, zwar in gleicher Größenordnung, aber aus getrennten Wachskristallen besteht (Abb. 3). Jede dieser hierarchischen Ebenen unterliegt einem eigenen physikalischen Mechanismus und spielt somit eine individuelle Rolle in der Minimierung der Insektenhaftkraft. Marienkäfer im Krafttest
Beide Hierarchieebenen scheinen die Besonderheit inne zu haben, die Haftung von Insekten zu minimieren. Um dies zu bestätigen wurden mit zwei Marienkäferarten Adalia bipunctata und Coccinella septempunctata Zugversuche durchgeführt, bei denen die auftretenden Kräfte auf verschiedenen Substraten während der Fortbewegung gemessen werden. Hierbei konnte gezeigt werden, dass die Zugkraft auf den epitikulären Wachsoberflächen im Vergleich zu denen auf ihren Polymernachbildungen, sowie den Glasreferenzflächen und den wachsfreien Kannen drastisch reduziert ist. Da interessanterweise kein Unterschied zwischen den Wachsschichten untereinander zu verzeichnen war, scheinen beide Hierarchieebenen zum gleichen Grad ein Hemmpotential auf die Insektenhaftung zu besitzen. Dieser Hemmeffekt wird durch die kleine Größenordnung und die spröde, brüchige Natur der Kristalle erzielt, die den Insektenkrallen keine Möglichkeit geben sich an der Kannenoberfläche zu verankern. Genauere Untersuchungen der neben den Krallen auf den Insektenfüßen befindlichen Haftorgane, auch Haftpolster Neue antiadhäsive künstliche Oberflächen
Die komplexe Struktur der N. alataKannen soll auf künstliche biomimetische antiadhäsive Oberflächen übertragen (Abb. 6) und für technische Anwendungen nutzbar gemacht werden. Biomimetische Antiadhäsionsoberflächen könnten besonders geeignet sein, um Staub, klebrigen Schmutz und Insekten Diese Arbeit wurde teilweise von der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG (Schwerpunktprogramm 1420 „Erforschung Biomimetischer Materialien: Funktionalität durch Hierarchische Strukturierung von Materialien“ Forschungsstipendien GO 995/9-1, GO 995/9-2, STE 1127/12-1 und STE 127/12-2) unterstützt. Literatur E. Gorb, K. Haas, A. Henrich, S. Enders, N. Barbakadze, S. Gorb (2005) Composite structure of the crystalline epicuticular wax layer of the slippery zone in the pitchers of the carnivorous plant Nepenthes alata and its effect on insect attachment. J. Exp. Biol. 208: 4651 – 4662 E. Gorb, S. Gorb (2009) Functional surfaces in the pitcher of the carnivorous plant Nepenthes alata: A cryo-SEM approach. In: Functional surfaces in biology, Vol. 2, edited by S. Gorb, Dordrecht, Heidelberg, London, New York: Springer, 205 – 238 E. Gorb E., S. Gorb (2011) The effect of surface anisotropy in the slippery zone of Nepenthes alata pitchers on beetle attachment. Beilstein J. Nanotechnol. 2: 302 – 310 M.J. Benz, E.V. Gorb, S.N. Gorb (2012) Diversity of the slippery zone microstructure in pitchers of nine carnivorous Nepenthes taxa. Arthropod-Plant Interactions 6: 147 – 158. G.T. Rengarajan, L. Walder, S.N. Gorb, M. Steinhart (2012) High-throughput generation of micropatterns of dye-containing capsules embedded in transparent elastomeric monoliths by inkjet printing. ACS Appl. Mater. Interf. 4: 1169 – 1173. Foto: © Prof. Dr. Stanislav Gorb |
L&M 7 / 2012Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Die Autoren:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |