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Prof. Dr.-Ing G. Herbert Vogel
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Biomasse - Chemie in überkritischem Wasser
Biomasse - Chemie in überkritischem WasserEine chemische Technologie zur Defunktionalisierung von Biomasse
Prof. Dr.-Ing G. Herbert Vogel, Die Art der organischen Rohstoffe, ihre Verfügbarkeit und Preisstruktur bestimmen schon immer die chemische Technologie. Bis zum 18. Jhr. war Holz der dominierende Rohstoff. Ab 1800 wurde das in Europa durch die beginnende Industrialisierung knapper werdende Holz immer mehr durch die leicht zugängliche Kohle ersetzt. Die Erfindung der Dampfmaschine ermöglichte einen Wechsel der Rohstoffbasis von Holz auf Steinkohle. Die Technik der Kohleveredlung war zunächst die gleiche wie beim Holz: Durch trockenes Erhitzen unter Luftabschluss entstehen Koks, Stadtgas (CO, CO2), wässriges Ammoniak und Steinkohlenteer. Dieser Teer, zunächst ein Abfallprodukt, wurde Mitte des 19. Jhr. zur Rohstoffbasis für die ersten Farbenfabriken, die Vorläufer der modernen chemischen Industrie. Der Wechsel von Kohle auf Erdöl hat die Welt in den 50er- und 60er-Jahren verändert, der Wechsel von Erdöl auf alternative organische Rohstoffe wie Erdgas und nachwachsende Rohstoffe wird die Volkswirtschaften in den nächsten Jahren verändern. Wegen der Endlichkeit und der heute stark fluktuierenden Erdölpreise ist die Erschließung von Biomasse als nachwachsendem Rohstoff für die Chemische Industrie eine Zukunftsaufgabe.
Es gilt eine postfossile Ära der nachhaltigen Stoffwirtschaft zu organisieren und Verfahren basierend auf nicht fossilen Kohlenstoffquellen zu entwickeln. Führt man alle Produktionsverfahren der chemischen Industrie graphisch zusammen, so erhält man die Produktstammbäume, die sich jeweils auf einen Rohstoff zurückführen lassen, gegenwärtig der Erdölproduktestammbaum. Diese Bäume wachsen in komplexen Verbundstandorten, wofür z.B. der Produktionsstandort der BASF in Ludwigshafen ein Beispiel ist. Koppel- und Nebenprodukte sowie Reaktionswärmen können standort intern über Anlagengrenzen hinweg gefahrlos mit geringen Transportkosten synergistisch genutzt werden ( Abb. 2). Es ist heute sinnvoll, den nächsten Wechsel der Rohstoffbasis vorzubereiten. Nachwachsende Rohstoffe sind dafür eine nachhaltige Zukunftsoption. Die Entwicklung der dafür notwendigen Prozesse unterliegt besonderen Randbedingungen: Anders als bei Erdöl und Erdgas besteht Biomasse wie:
>> Holz (Verbindung aus Lignin, Cellulose und Hemicellulose) aus einem komplexen Stoffgemisch. Es wird im Primärschritt in:
>> Kohlenhydrate (Stärke, Cellulose, Saccharose, Inulin u.a.) aufgearbeitet. Diese primären Bio-Grundchemikalien müssen in sog. Plattform-Chemikalien oder Building Blocks wie:
>> C2-Bausteine: Ethanol umgewandelt werden. Diese Transformationen sollten in dezentralen Bioraffinierien ablaufen. In der nächsten Veredlungsstufe werden diese von der chemischen Industrie eingekauft (analog dem heutigen Naphtha) und in bekannte und neue Zwischenprodukte unter dem Einsatz neuer Verfahren umgewandelt. Die Erde verfügt über ein enormes Biomassepotenzial;
jährlich wachsen statistisch gesehen 30 Tonnen Biomasse pro Mensch nach. Davon werden nur 405 Kilogramm Biomasse als Nahrungsmittel von jedem Einzelnen von uns im Jahr verbraucht. Der Löwenanteil verrottet. Der Erdölverbrauch liegt im Vergleich dazu in der gleichen Größenordnung (590 kg Erdöl/a Mensch). Die chemischen Probleme, die es bei der Verwendung von Biomasse als Chemikalienrohstoff im Allgemeinen und bei Kohlenhydraten im Besonderen zu lösen gilt, sind völlig anders als beim Erdöl oder Erdgas: Die Hauptprobleme bei ihrer Nutzung sind neben der komplexen Logistik und der begrenzten Anbaufläche vor allem ihre Überfunktionalität mit OH-Gruppen. Während die Kohlenwasserstoffe des Erdöls unterfunktionalisiert sind, sind Kohlenhydrate überfunktionalisiert: Nahezu jedes C-Atom in einem Kohlenhydratmolekül enthält eine OH-Gruppe annähernd gleicher Reaktivität, die eine selektive Defunktionalisierung erschweren. Ein damit verbundenes intrinsisches Problem ist der Massenverlust, der bei der Synthese der klassischen Zwischenprodukte aus Kohlenhydraten durch Dehydratisierung oder Decarboxylierung auftritt. Dies erhöht die spezifischen Rohstoffkosten. Green Solvent: Wasser in überkritischem Zustand
Der Abbau der Hydroxylfunktion gelingt durch Decarboxylierung und/oder Dehydratisierung mit Green Solvents wie z. B. Wasser im nah- und überkritischen Zustand. Denn Wasser im überkritischen Zustand ist ein stark wasserentziehendes (dehydratisierendes) Agens. Wasser spielt bei vielen chemischen Reaktionen als Lösungsmittel, Reaktionspartner und/oder Katalysator eine wichtige Rolle. Wasser ist ubiquitär und unterliegt nicht der Gefahrstoffverordnung. Reaktionen in Wasser tragen somit zur Abfallvermeidung und zur Ressourcenschonung bei. Viele organische Substanzen reagieren allerdings bei niedrigen Temperaturen (< 100 °C) nicht oder nur ungenügend in bzw. mit Wasser. Dieses Verhalten ändert sich jedoch dramatisch, wenn man es unter Druck setzt und gleichzeitig erhitzt. So bildet sich ab 220 bar und ab 372 °C überkritisches Wasser; in ihm verschmelzen die Eigenschaften von Wasserdampf und flüssigem Wasser. Hier zeigt nun die Chemie in überkritischem Wasser ihren wesentlichen Vorteil: Es besteht die Möglichkeit ohne Lösungsmittelwechsel die Eigenschaften des Reaktionsmediums allein durch Änderung von Druck und Temperatur sowie durch den Zusatz von geringen Mengen an Elektrolyten in weiten Bereichen einzustellen und so eine gewünschte Reaktion in einem komplexen Reaktionsnetz zu optimieren. Besonders deutlich ist dies am Verlauf der relativen statischen Dielektrizitätskonstanten und der Eigendissoziation als Funktion von Temperatur und Druck zu sehen, zwei Stoffdaten, welche die Polarität und die Protonen- bzw. Hydroxyl-Ionenkonzentration entscheidend beeinflussen (Abb. 3). Fotos: © Prof. Dr.-Ing. G. Herbert Vogel |
L&M 2 / 2009Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |