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L&M-6-2011 > Warum es interessant ist zu wissen, ob Mäuse Kaffee trinken

Warum es interessant ist zu wissen, ob Mäuse Kaffee trinken

Genuss und Prävention

In den letzten 10 Jahren hat es eine deutliche Zunahme der epidemiologischen Untersuchungen über die gesundheitlichen Konsequenzen des Kaffeekonsums gegeben. Dies allerdings nicht etwa, weil sich ein Bedrohungsszenario verdichtet hätte, sondern weil sich mehr und mehr das Bild ergibt, dass die aus kurzfristigen Studien bekannten potenziell problematischen Effekte des Kaffees sich in längerfristigen Untersuchungen nicht als Gesundheitsbeeinträchtigung wiederfinden lassen. Zum Teil ist es sogar so, dass sich der Kaffeekonsum vorteilhafter darstellt als die Kaffeeabstinenz. Ist Kaffee also auf dem Weg, ein „nutraceutical“ zu werden? Dass eine solche Frage häufig ungläubiges Lächeln auslöst, lässt sich aus der historischen Perspektive erklären.

Kaffeelust

Der Kaffeekonsum in Europa ist nämlich seit Anbeginn mit der Vermutung verbunden, dass durch ihn gesundheitlich nachteilige Wirkungen entstehen würden. Ein Beispiel hierfür ist der aus dem späten 18. Jahrhundert stammenden Kaffeekanon (C–a–f–f–e–e, trink nicht so viel Caffee), früher im Schulunterricht viel gesungen. Die darin geäußerte Warnung (schwächt die Nerven, macht dich blass und krank) ist wegen der psychotropen Wirkung des Kaffees durchaus nachvollziehbar, beinhaltet wohl aber auch die populäre Vorstellung über die ausgleichende Gerechtigkeit, die dem Genuss und Wohlleben die Strafe auf dem Fuße folgen lässt. Aus dieser Logik erklären sich auch heute zu findende wohlmeinende Warnungen vor dem Kaffeekonsum, jetzt allerdings zeitgemäß auf Internet-Websites präsentiert. Nun ist es in der Tat so, dass der bekannteste Inhaltsstoff des Kaffees, das Koffein, psychotrope Wirkung hat und der Konsument wäre beim Ausbleiben der „anregenden“ Wirkung meist enttäuscht. Allerdings sprechen die Vielfalt der Zubereitungsarten und last not least die Existenz des entkoffeinierten Kaffees dafür, dass der Lustgewinn beim Kaffeetrinken sich ganz wesentlich aus den sensorischen Eindrücken speist.

Muntermacher Koffein

An erster Stelle für die Motivation des Kaffeekonsums ist Koffein aber dennoch zu nennen, wenn es um physiologische Wirkungen des Kaffees geht. Dies nicht zuletzt deshalb, weil es über die Wirkungen des Koffeins eine sehr viel umfangreichere und sicherere Datenlage gibt als über die Wirkungen der anderen Inhaltsstoffe. Chemisch ist Koffein ein trimethyliertes Xanthinderivat (1,3,7-Trimethylxanthin), strukturell eng verwandt sind das Theophyllin (1,3–Dimethylxanthin) und das Theobromin (3,7–Dimethylxanthin). Theophyllin ist allerdings nicht, wie häufig angenommen, der Hauptinhaltstoff des schwarzen Tees, sondern auch im Schwarztee ist Koffein für die anregende Wirkung entscheidend. Koffein und die anderen Methylxanthine sind pharmakologisch wirksame Substanzen, deren Wirkungen sich aus der Bindung an spezifische Rezeptoren in der Plasmamembran verschiedener Zellen und Gewebe erklären lassen. Diese Rezeptoren werden als Adenosinrezeptoren bezeichnet, nach neuerer Nomenklatur als P1- Purinozeptoren. An diesen Rezeptoren wirkt Adenosin als Agonist, d.h., die Bindung setzt intrazellulär eine Reaktionskette in Gang, die zu einer Veränderung des zellulären Leistungsspektrums führt. Bindet nun Koffein an einen solchen Rezeptor, so wird dem Adenosin der Zutritt zum Rezeptor versperrt, andererseits ist Koffein nicht in der Lage, die intrazelluläre Reaktionskette auszulösen. Es verhält sich also als Gegenspieler des körpereigenen Botenstoffs Adenosin – es ist ein Adenosinantagonist. Mit diesem Mechanismus lässt sich die anregende Wirkung des Kaffees erklären. Adenosin dämpft über A1-Adenosinrezeptoren die Tätigkeit von Nervenzellen in bestimmten Gehirngebieten und wirkt in der Konsequenz beruhigend und müde machend. Wird diese Wirkung von Adenosin durch Koffein blockiert, resultieren also gesteigerte Wachheit und Reaktionsbereitschaft. Allerdings wird nicht so sehr die Verarbeitung neuer Information gesteigert, sondern das Abrufen bereits eingeübten Verhaltens wird beschleunigt. Kaffeezufuhr in Zeiten der Prüfungsvorbereitung wirkt also nicht als Nürnberger Trichter. Weiterhin kann Koffein kopfschmerzdämpfend wirken. Koffein vermindert die Weitstellung von Blutgefäßen durch Adenosin im Gehirn, was zur Schmerzempfindung führt. Koffein allein verabreicht, hat aber nur selten eine hinreichend schmerzstillende Wirkung, in Kombination kann Koffein die Wirkung von „Klassikern“ wie Paracetamol oder Acetylsalizylsäure jedoch deutlich steigern.

Der aktivierte Sympathikus und die Folgen

Die Stimmungslage wird durch Koffein nicht gehoben, Kaffee macht nicht euphorisch. Im Gegenteil, hohe Dosen bewirken Unruhe, Reizbarkeit bis hin zu vermehrter Aggressivität. Ein solcher Zustand wird als Dysphorie bezeichnet und ist zum Teil Ausdruck der durch Koffein bewirkten Sympathikusaktivierung. Der „Sympathikus“ ist derjenige Anteil des vegetativen Nervensystems, der für die Bewältigung von mentalen und physischen Stresssituationen verantwortlich ist. Diese Aktivierung geschieht zunächst im Gehirn, wird aber peripher durchaus spürbar als beschleunigter Herzschlag und erhöhter Blutdruck. Als eine weitere Folge werden energiereiche Substanzen aus körpereigenen Vorräten bereitgestellt, damit das erwartete gesteigerte Leistungsniveau auch aufrechterhalten werden kann. In dieser Hinsicht wirkt eine Sympathikusaktivierung als Gegenspieler des Insulins. Dieses ist dazu da, in Zeiten reichlicher Energiezufuhr Vorräte anzulegen. Schon vor über 50 Jahren wurde beschrieben, dass Koffein oder auch eine akute Zufuhr koffeinhaltigen Kaffees die Wirkung des Insulins beeinträchtigt. Bleibt nach der Zufuhr von kohlenhydratreicher Nahrung der Blutzucker länger erhöht, kann man das als Vorstufe des Diabetes, genauer des Typ 2 Diabetes ansehen. Die Sympathikusaktivierung durch Koffein erscheint also als potenziell problematische Eigenschaft, da sie den Weg zum Typ 2 Diabetes (und seinen Komplikationen wie Herzinfarkt, Nierenversagen, Erblindung) und auch zum Bluthochdruck (und Komplikationen wie z.B. Schlaganfall) zu bereiten scheint. Es war also zu erwarten, dass in einer Bevölkerungsgruppe mit hohem Kaffeekonsum die Häufigkeit von Diabetes und Herz- Kreislauferkrankungen erhöht sein müsste und in der Konsequenz die Lebenserwartung kürzer. Um so erstaunlicher war es daher, dass diese Auswirkungen in langfristigen Studien nicht zu beobachten waren.

Diabetespräventive Wirkung im Fokus

2002 wurde von einer niederländischen Autorengruppe berichtet, dass in einer breit angelegten prospektiven Studie (Hoorn-Studie) eine Beziehung zwischen starkem Kaffeekonsum und einer verminderten Inzidenz von Typ 2 Diabetes aufgefallen war. Nun war aber die bereits in den 60er-Jahren gemachte Beobachtung, dass akute Koffeinzufuhr die Glucosetoleranz beeinträchtigt, auch in neueren Untersuchungen wiederzufinden, sodass dieses Ergebnis der Hoorn-Studie zunächst nicht für repräsentativ gehalten wurde. 2004 konnte jedoch aus den Daten der Nurses Health Study und der Health Professionals’ Follow-up Study, zwei prospektiven Langzeitstudien an sehr umfangreichen Kollektiven in den USA, die diabetespräventive Wirkung im Wesentlichen bestätigt werden. Es ließ sich hierbei eine eindeutige Dosis-Wirkungsbeziehung nachweisen. Für Teekonsum wurde keine Assoziation beobachtet, allerdings eine geringe inverse Assoziation zwischen dem Konsum entkoffeinierten Kaffees und der Diabetesinzidenz. Diese Beobachtungen sind sehr kontrovers diskutiert worden, da es eine Vielzahl an möglichen Verfälschungsfaktoren (confounding factors) gibt, die zu Fehlinterpretationen verleiten können. So unterscheiden sich Kaffeekonsumenten in einer Vielzahl gesundheitsrelevanter Parameter von Kaffeeabstinenzlern (so sind Kaffeetrinker z.B. häufiger auch Raucher als Kaffeeabstinenzler), was in der statistischen Auswertung berücksichtigt werden muss.
In den nahezu 10 Jahren seit der ersten Publikation ist die epidemiologische Evidenz eindeutig zu Gunsten der diabetespräventiven Wirkung des Kaffeekonsums akkumuliert. Ausnahmen von der inversen Assoziation zwischen Kaffeekonsum und Diabetesinzidenz wurden nur in zwei epidemiologischen Studien aus Finnland gefunden. Auch der Einwand, dass es sich nicht um eine wirkliche Verminderung des Auftretens, sondern nur um eine verzögerte Manifestation des Typ 2 Diabetes handele, ließ sich nicht erhärten. Der Widerspruch zwischen der Verschlechterung der Glucosetoleranz bei akuter Zufuhr von Koffein einerseits und der langfristigen diabetespräventiven Wirkung des chronischen Kaffeekonsums andererseits konnte durch Untersuchungen aus den Niederlanden und Japan aufgelöst werden. Sie zeigten, dass bei chronischem Kaffeekonsum der Blutglucoseanstieg im oralen Glucosetoleranztest nicht gesteigert sondern vermindert ist. Entweder ist im Laufe der Jahre eine Toleranz gegenüber der Adrenalin freisetzenden Wirkung des Kaffees aufgetreten, die wahrscheinlich der verschlechterten Glucosetoleranz zu Grunde liegt, oder aber zusätzliche Inhaltsstoffe des Kaffees konterkarieren die Wirkung des Koffeins.

Eine wesentliche Antioxidantienquelle

Im Rahmen der nachfolgenden Studien ließ sich nicht nur eine inverse Assoziation zwischen mäßiggradigem Kaffeekonsum und Diabetesinzidenz belegen, sondern auch eine solche für den Konsum entkoffeinierten Kaffees und Diabetesinzidenz. Zusätzliche Inhaltsstoffe des Kaffees können für den antidiabetischen Effekt verantwortlich sein. Möglicherweise spielen hier die antioxidativ wirkenden Bestandteile (z.B. Chlorogensäure) eine Rolle. Es ist wenig bekannt, dass bei mitteleuropäischer Kost Kaffee die wesentliche Quelle von Antioxidantien in der Nahrung ist. Andererseits enthält der Kaffee Diterpenverbindungen, die zu einem Anstieg des Serumcholesterinspiegels führen, bekannterweise ein Risikofaktor für Herz-Kreislauferkrankungen. Deren Konzentration im Kaffee ist allerdings stark von der Zubereitungsart abhängig. So ist die klassische skandinavische Zubereitungsart, bei der das Kaffeepulver ausgekocht wird, mit einem besonders hohen Gehalt von Cafestol und Kahweol verknüpft. Das mag auch zur weniger günstigen Datenlage in den älteren skandinavischen Untersuchungen beigetragen haben. Am geringsten ist der Gehalt an diesen Substanzen bei der in Deutschland häufigsten Zubereitungsart, dem Filterkaffee. Auch der Espresso enthält erfreulicherweise relativ geringe Mengen. Die inverse Assoziation ist so beschaffen, dass es bezüglich der Risikoverminderung keine Sättigung oder gar Umkehrung des Effekts bei hohen Tagesdosen (7 Tassen und mehr) gibt. Das Ausmaß der Risikoreduktion ist also prinzipiell steigerungsfähig. Eine komplexe Abhängigkeit von Wirkung und Dosis – d.h. ein vermindertes Risiko bei geringer Dosierung und dann ein Übergang zu einem erhöhten Risiko bei hoher Dosis – ist hingegen für die Beziehung von Diabetesrisiko und Alkoholkonsum beschrieben worden. Hinsichtlich des Kaffeekonsums lässt sich aber die Frage stellen, ob sich hieraus eine Chemoprävention des Typ 2 Diabetes entwickeln lassen könnte.

Perspektive Diabetesprävention

Die Perspektive scheint verlockend, insbesondere weil die Effektstärke beträchtlich ist, sie entspricht bei 5 Tassen täglich in etwa der Risikoreduktion durch frühzeitige Gabe des antidiabetisch wirkenden Medikaments Metformin. Beantwortet werden aber muss die Frage, welche zusätzlichen Risiken dadurch geschaffen werden, wenn Kaffeetrinken als Maßnahme zur Diabetesprävention empfohlen wird. In dieser Lage ist es günstig, dass es eine umfangreiche und aktuelle epidemiologische Datenlage hinsichtlich des Auftretens von Tumor- erkrankungen, Herz-Kreislauferkrankungen und neurodegenerativen Erkrankungen gibt. So sind bei Tumorerkrankungen z.T. geringe Zunahmen, z.T. geringe Abnahmen in der Häufigkeit festzustellen. Eine Zunahme ist möglich bei Magenkrebs und Bauchspeicheldrüsenkrebs (hier aber nur im Subkollektiv der Raucher), beim Brustkrebs ist kein Zusammenhang feststellbar, während beim Dickdarmkrebs in einigen Untergruppen eine Abnahme wahrscheinlich ist. Insgesamt ist nicht von einer Erhöhung der Tumorinzidenz durch Kaffeekonsum auszugehen. Bei den Herzkreislauferkrankungen gibt es in prospektiven Studien keinen Zusammenhang zwischen Herzinfarktrisiko und Kaffeekonsum, dagegen wird eine positive Assoziation häufig in retrospektiven Fall-Kontroll-Studien gesehen. Die wahrscheinliche Erklärung ist, dass der Kaffeekonsum nicht die Erkrankungshäufigkeit beeinflusst, wohl aber bei bereits bestehender Herzkranzgefäßverengung die Infarktauslösung begünstigt. Dem entspricht, dass die gesamte kardiovaskuläre Sterblichkeit am ehesten unverändert, im Kollektiv der weiblichen Kaffeetrinker sogar wohl vermindert ist. Hinsichtlich der neurodegenerativen Erkrankungen gibt es Daten, die beim M. Parkinson eine Risikoreduktion für wahrscheinlich halten lassen und beim M. Alzheimer immerhin für möglich. Diese Datenlage macht die Überlegung sinnvoll, die antidiabetische Wirkung des Kaffeekonsums gezielter zur Prävention zu nutzen. Hinsichtlich der zu Grunde liegenden Mechanismen können die epidemiologischen Daten aber nur wenige Aussagen machen. Sicher ist, dass Koffein dafür nicht notwendig ist. Letztlich spekulativ bleibt ohne detailliertere Daten die Erwägung, dass Koffein auch auf Dauer eher ungünstig ist und eine oder mehrere zusätzliche Inhaltsstoffe des Kaffees diesen Effekt überspielen. Da nun aber die Latenzzeit zwischen dem Beginn des Kaffeekonsums und der Offenbarung des antidiabetischen Effekts im menschlichen Individuum mehrere Jahrzehnte beträgt, ist der Gedanke einer experimentellen Überprüfung an vergleichsweise kurzlebigen Lebewesen wie Mäusen naheliegend.

Mäuse, Menschen und Diabetes

Bekommen denn Mäuse überhaupt einen Typ 2 Diabetes? Im Prinzip geht es ihnen nicht anders als dem Menschen. Mausstämme, die an sehr karge Ernährungsbedingungen adaptiert sind, brauchen bloß das normale Mausfutter im freien Angebot vorgesetzt zu bekommen, um mit zunehmender Lebensdauer eine diabetische Stoffwechsellage zu entwickeln. Bei den für die Forschung bevorzugten Inzuchtstämmen, die eine hohe Gleichförmigkeit des genetischen Hintergrunds haben, lässt sich Entsprechendes durch ein Futter mit erhöhtem Fettgehalt auslösen. Auch wenn der Tagesverbrauch an Futter geringer ist, resultieren doch eine hyperkalorische Ernährung und eine chronische Gewichtszunahme, eine interessante Parallele zur gegenwärtigen „Cafeteria-
Ernährung“ der Menschen in den Industriestaaten (Abb. 1). Allerdings gibt es eine relativ große Streuung in der Gewichtsentwicklung und in der Stoffwechsellage der Mäuse, sodass es für manche Fragestellungen vorteilhafter erscheint, Mausstämme zu verwenden, die durch spontane Mutationen in einem kritischen Gen ein hohes Diabetesrisiko haben. Hier sind die Verläufe genauer vorhersagbar und dementsprechend das Ergebnis der Intervention (Kaffeetrinken vs. Kaffeeabstinenz) schneller zu erkennen, dafür ist aber auch die Relevanz der Beobachtungen kritischer zu sehen. Für die Entwicklung des Typ2 Diabetes beim Menschen unter den jetzigen zivilisatorischen Bedingungen scheint der Versuchsansatz am aussagekräftigsten, zusätzlich zum Fettfutter Kaffee anzubieten, um zu sehen, ob die fettfutterinduzierte diabetische Stoffwechsellage ausbleibt oder weniger deutlich ist. Bleibt die Frage, ob Mäuse Kaffee trinken. Nach unseren bisherigen Erfahrungen gibt es gegenüber normalem Filterkaffee kein Vermeidungsverhalten. Will man die Flüssigkeits- und Nahrungsaufnahme oder auch die Koffeinausscheidung im Urin für ein einzelnes Tier genau bestimmen, so kann man es für einen bestimmten Zeitraum in einen sog. Stoffwechselkäfig setzen (Abb. 2). Allerdings ist hierbei zu beachten, dass die innere Uhr der Mäuse (entsprechend der kürzeren Lebensdauer) schneller als die des Menschen läuft. Wirkt der Kaffeekonsum enn nun auch bei Mäusen antidiabetisch? Das lässt sich aus den bisherigen Daten noch nicht mit Sicherheit sagen. So hat das zunächst geprüfte Kollektiv – weibliche C57Bl6-Mäuse – zwar ein deutliches Übergewicht entwickelt, aber nur eine grenzwertige Glucosetoleranzstörung, sodass ein diabetesprotektiver Effekt sich kaum manifestieren kann. Wahrscheinlich liegt dem ein Geschlechtsunterschied zu Grunde, denn die jetzt zusätzlich untersuchten Männchen entwickeln eine noch stärkere Gewichtszunahme und deutlichere Zeichen einer diabetischen Stoffwechsellage. Der altbekannte akute Effekt, demzufolge Kaffeezufuhr beim Nichtkaffeetrinker die Glucosetoleranz beeinträchtigt, ist allerdings in Umströmungsversuchen an isolierten Pankreasinseln der Maus (Abb. 3) bereits nachweisbar. Wenn am Modell des fettfutterinduzierten Diabetes eine protektive Wirkung des Kaffeekonsums nachzuweisen ist, so würde das ganz wesentlich die Aufgabe erleichtern, aus der Vielfalt der Kaffeeinhaltsstoffe den- oder diejenigen zu identifizieren, die dieser Wirkung zu Grunde liegen. Natürlich wird der Kaffee auch weiterhin vor allem wegen des Geschmacks und der anregenden Wirkung getrunken. Aber eine Anreicherung der antidiabetischen Inhaltsstoffe, sei es durch Zucht oder Aufbereitungsart, ist kein utopisches Vorhaben. Im Gegensatz zu so vielen der gegenwärtig diskutierten Präventionsmaßnahmen dürfte sich der Kaffeekonsum einer breiten Akzeptanz erfreuen. In jedem Fall sind die Konsequenzen für die Prävention des Typ 2 Diabetes nicht zu unterschätzen.

Foto: © Prof. Dr. Ingo Rustenbeck

L&M 6 / 2011

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2011.
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