Zellkultur im Spannungsfeld zwischen Forschung und medizinischer Anwendung
Zellkultur im Spannungsfeld zwischen Forschung und medizinischer AnwendungSmart ist gefragtIn der aktuellen biologischen und medizinischen Forschung spielt die Kultivierung von Zellen eine zentrale Rolle. Wichtige Anwendungsbereiche sind Test- und Modellsysteme, z.B. das klassische Wirkstoffscreening, aber auch als Quelle für das Tissue Engineering und für verschiedene Stammzelltherapien werden in vitro kultivierte Zellen benötigt.
Abb.1 Zellfamilien. Mithilfe der bildbasierten Zytometrie können Zellfamilien identifiziert und farblich markiert werden, die jeweils aus einer Einzelzelle entstanden sind. Zellbiologen interessiert dabei ihr Verhalten untereinander und ob sie sich gegenseitig durch Zell-Zell-Kontakte beeinflussen.
Die Verfahren der Zellisolation, -handhabung, -vermehrung und -kryokonservierung sind bisher meist in mühevoller Handarbeit zu bewältigen. Zudem ist der Erfolg häufig von der Expertise und der Erfahrung der Laborfachkräfte abhängig. Viele dieser händischen Prozessschritte sind daher fehleranfällig und zeitintensiv, sodass die geforderte Reproduzierbarkeit häufig nicht gewährleistet werden kann. Dies erschwert das Einführen von Qualitätsmanagementsystemen, die ein hohes Maß an Automatisierung und Standardisierung benötigen und eine Grundvoraussetzung für eine medizinische Anwendbarkeit darstellen. Vor allem im Forschungsbereich der regenerativen und personalisierten Medizin wird das Spannungsfeld deutlich, in dem komplexe Verfahren auf technologische Unzulänglichkeiten prallen. Die zögerliche Einführung von Zelltherapien in die Klinik zeigt, dass zwar häufig die wissenschaftliche Machbarkeit nachgewiesen wurde, aber der Technologietransfer hin zu einer standardisierten medizinischen Behandlung nicht oder nur sehr schwer umgesetzt werden kann. Viele innovative Therapiestrategien scheitern somit an den regulativen Anforderungen der Behörden, die Qualitätsparameter für biologische Proben und deren Bearbeitung einfordern. Zellkultur mit all ihren Prozessschritten von der Zellisolation bis hin zur Zellanwendung muss also intelligenter oder besser gesagt „smarter“ werden. Zytometrie 2.0: Zellvermessung zur Validierung von Zellkulturen In den letzten Jahren sind viele robotergestützte Verfahren für die Zellkultur entwickelt worden, die typische Handgriffe der Zellkultur automatisieren. Damit ist es heute möglich, im industriellen Maßstab Zellen in Zellkulturflaschen zu vermehren, zu ernten und schließlich ihrer Anwendung zuzuführen. Das benötigte Expertenwissen erfolgreicher Zellkultivierer steckt allerdings in der Charakterisierung der Zellen und in der genauen Kenntnis des Zellwachstums. Eine neue Generation von Techniken und Analysemöglichkeiten adressiert genau dieses Problem: Zellen können in Zukunft automatisiert im Mikroskopbild erkannt und vermessen werden. Es wird eine Zustandsbeschreibung der Zellkultur erzeugt, die sogar völlig neue Informationen bereitstellt und somit einen innovativen High-Content-Ansatz darstellt. Möglich wird dies durch kontinuierlich erzeugte Zeitrafferfilme des Zellrasens, die nichtinvasiv und während der normalen Zellkulturroutine aufgenommen werden können. Die Fraunhofer EMB in Lübeck hat eine entsprechende Software für die Auswertung dieser Zeitrafferfilme entwickelt, die durch Bildanalyse eine Einzelzellerkennung und -verfolgung durch die Bildserien ermöglicht (vgl. Abb.1). So lassen sich Wachstumskurven erstellen, Mitosen quantifizieren und die Muster der Zellteilungen analysieren. Diese bildbasierte Zytometrie erlaubt somit eine quantitative und qualitative Validierung von Zellkulturen, also eine metrische Erfassung biologischer Proben. Die innovative Technologie hat das Potenzial, die behördliche Genehmigung von Zelltherapien zu beschleunigen und eröffnet zudem für das zellbasierte High-Throughput-Screening der Pharmaindustrie neue Möglichkeiten. Produktion von Zellbiomasse im Bioreaktor Für die Produktion größerer Mengen adhärent wachsender Zellen gibt es weitere Hürden, die durch biotechnologische Entwicklungen aktuell überwunden werden. Viele der heute genutzten Zellllinien oder Primärzellen wachsen auf Oberflächen und können nicht als Suspensionskultur gehalten werden. Für die Expansion der Zellen in vitro müssen somit immer größere Flächen in Form von Zellkulturschalen oder -flaschen zur Verfügung gestellt werden. Aktuell wird dies erreicht, indem z.B. durch Übereinanderschichtung der Zellkulturflächen eine bessere räumliche Ausnutzung erreicht wird. Andere Technologen setzen dagegen auf die Zellpropagation auf Microcarrieren, die in Suspension kultiviert werden (vgl. Abb.2).
Abb.2 Zellwachstum auf Mikrocarriern. Die meisten Säugerzellen benötigen für ein Wachstum in der In-vitro-Zellkultur eine Oberfläche, auf der sie adhärent wachsen können. Für die Expansion von Zellmasse im Bioreaktor eigenen sich kleine Kügelchen, die Mikrocarrier, auf denen sich die Zellen vermehren können. Die Kerne der Zellen wurden mit einem fluoreszenten Farbstoff (DAPI) angefärbt.
Dennoch ist bei diesen Methoden die Expansion der Zellen limitiert und erreicht maximal Faktor 10–100 pro Batch, was die biomedizinische Nutzung der Zellen bisher begrenzt. Um die nötige Zellpropagation in Bereichen von 106 bis 107 zu erreichen, wird die Entwicklung von innovativen Bioreaktoren essenziell. Für die Fraunhofer EMB ergibt sich dadurch ein spannendes Geschäftsfeld, in dem neue Bioreaktorentwicklungen getestet und neue Reaktorprinzipien entwickelt werden. Ein aktueller Trend zeigt, dass für die Vermehrung von Zellen künftig Hydrogele eingesetzt werden, in denen Zellen dreidimensional wachsen und proliferieren können. Die Geräteentwicklung für solch innovative Reaktortechnologien hat gerade begonnen. Der 5. Kongress Industrielle Zelltechnik bietet in Lübeck vom 11.–12. September 2014 erneut eine Plattform für Entwickler und Anwender, um neue Technologien der Zellnutzung und -handhabung zu diskutieren. Wie in interdisziplinären Kooperationen von Biomedizinern, Ingenieuren und Softwareentwicklern neue, „smarte“ Lösungen für die Zellkultur entwickelt werden, wird in einer Vortragssession am Freitag demonstriert. |
L&M 7 / 2014Das komplette Heft zum kostenlosen Download finden Sie hier: zum Download Der Autor:Weitere Artikel online lesenNewsSchnell und einfach die passende Trennsäule findenMit dem HPLC-Säulenkonfigurator unter www.analytics-shop.com können Sie stets die passende Säule für jedes Trennproblem finden. Dank innovativer Filtermöglichkeiten können Sie in Sekundenschnelle nach gewünschtem Durchmesser, Länge, Porengröße, Säulenbezeichnung u.v.m. selektieren. So erhalten Sie aus über 70.000 verschiedenen HPLC-Säulen das passende Ergebnis für Ihre Anwendung und können zwischen allen gängigen Herstellern wie Agilent, Waters, ThermoScientific, Merck, Sigma-Aldrich, Chiral, Macherey-Nagel u.v.a. wählen. Ergänzend stehen Ihnen die HPLC-Experten von Altmann Analytik beratend zur Seite – testen Sie jetzt den kostenlosen HPLC-Säulenkonfigurator!© Text und Bild: Altmann Analytik ZEISS stellt neue Stereomikroskope vorAufnahme, Dokumentation und Teilen von Ergebnissen mit ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508ZEISS stellt zwei neue kompakte Greenough-Stereomikroskope für Ausbildung, Laborroutine und industrielle Inspektion vor: ZEISS Stemi 305 und ZEISS Stemi 508. Anwender sehen ihre Proben farbig, dreidimensional, kontrastreich sowie frei von Verzerrungen oder Farbsäumen. © Text und Bild: Carl Zeiss Microscopy GmbH |