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Das Erfassen der realen Welt …

Moderne analytische Chemie ist ständig auf der Suche nach empfindlicheren, ­zuverlässigeren und ­vielseitigeren Messmethoden zum Erfassen von Atomen, Ionen und Molekülen. Zunehmend komplexe Messungen liefern Informationen in räumlicher und zeitlicher Auflösung zu Vorhandensein, Diversität und Konzentration der Untersuchungsobjekte. Statt einzelne Proben für die ­nachfolgende Laboranalyse zu sammeln, was Entnahme, Transport und Lagerung von Proben sowie Vorbereitungsstrategien für die eigentliche Analyse erfordert, besteht eindeutig weltweit ein wachsender Bedarf an vor Ort online oder inline einsetzbaren analytischen Werkzeugen.

Dieser Trend führt gegenwärtig zu einer breiten Vielfalt von Anwendungsszenarien von der Umwelt- und Atmosphärenüberwachung bis hin zu Prozessanalyse und -kontrolle, Sicherheits- und Überwachungsanwendungen, militärischen Anwendungen und klinischer sowie (bio)medizinischer Diagnostik.

Insbesondere molekulare Analysestrategien be­treffen sowohl kleine Objekte wie flüchtige organische Verbindungen als auch große Objekte wie Biomakromoleküle einschließlich Proteine, Enzyme und Verbindungen. Folglich stand die molekulare Diagnostik kürzlich im Fokus einer ganzen Kategorie von analytischen Vorrichtun­gen, die innovative Lösungen für den oben aufgeführten analytischen Wunschzettel versprach: optische chemische Sensoren und Biosensoren.

Herkömmliche chemische Sensoren und Bio­sensoren auf der Basis von elektrochemischen, thermischen oder massenempfindlichen Wandlungsmechanismen haben sich in den letzten Jahr­zehnten zu kommerziellen Geräten entwickelt. Optische chemische Sensoren und Biosensoren sind als Newcomer zu betrachten. Denn optische chemische Sensoren und Biosensoren finden zunehmend Verwendung im analytisch relevanten Wellenlängenbereich von Ultraviolett- über mittlere Infrarot- bis hin zu THz-Frequen­zen. Dies ist möglicherweise auf die Revolution in der Telekommunikation zurückzuführen, welche die Entwicklung und dramatische Kostensenkung in der (glasfaser-)­optischen Wellen­leitertechnologie bei halbleiterbasierten Lichtquellen einschließlich Laser und Leuchtdioden und der integrierten Optik ermöglichte.

Bei jedem chemischen Sensor-/Biosensor­system sind vielseitige molekulare, biomolekulare und biologische Erkennungsmechanismen dafür zuständig, selektiv Zielanalyten, die für komplexe reale Matrices von Interesse sind, zu erkennen und vorzukonzentrieren. Die wesentlichen Hardwarekomponenten für optische Sensormechanismen umfassen üblicherweise eine Breit- oder Schmalbandlichtquelle, einen Wellen­leiter/Wandler und einen optischen Sensor. Diese Komponenten eignen sich per se zur Miniaturisierung mit modernen Mikro- und Nanofertigungstechniken, um eine On-Chip-Integration auf Systemebene zu erzielen.

Eine Schlüsselkomponente aus praktischer und analytischer Sicht ist der Wellenleiter, der häufig als eigentlicher Signalwandler dient und der für die reproduzierte Wechselwirkung zwischen Photonen sowie Molekülen zuständig ist. Dies stellt ein aktives Forschungsgebiet am Ins­titut für Analytische und Bioanalytische Chemie der Universität Ulm dar. Wellenleiter dienen als Substrat für das Immobilisieren der chemischen und biologischen molekularen Erkennungs- und Verbesserungsmechanismen und liefern ideale Photonenleitungen, um ein Übertragen von komplizierten optischen Sensormechanismen in die reale Welt mit der erforderlichen Stabilität zu ermöglichen. Nicht zuletzt kann durch intelligentes Gestalten der Wellenleiter/Wandler-­Geometrie (beispielsweise durch Verwendung von konischen Glasfasern, Resonanzstrukturen usw.) das analytische Signal zusätzlich zur chemischen/biologischen Verstärkung optisch verbessert werden, was schließlich eine wellenleiteroptimierte chemische/biologische Diagnostik ermöglicht.

Vor dem Hintergrund des analytischen Wunschzettels wird offensichtlich, dass auch die intelligentesten optischen chemischen Sensor-/Biosensormechanismen moderne analytische Ins­trumente nicht ersetzen können. Sie sollten aber als innovative und häufig spezialisierte analytische Vorrichtungen betrachtet werden, die her­kömmliche Labortechniken ergänzen. Optische chemische Sensoren/Biosensoren können in um­welt- bzw. prozesstechnischen oder klinischen Anwendungsszenarien als First-­Responder dienen und das liefern, was sie am besten können: direkte analytische Vor-Ort-­Informationen durch die Erfassung der realen Welt?…

Bild: © istockphoto.com|edfuentesg

L&M 3 / 2015

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 3 / 2015.
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