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Biophotonic - Fluoreszenzmikroskopie

Superauflösung mit optisch schaltbaren Farbstoffen

Dass die Auflösungsgrenze eines jeden optischen Instruments beschränkt ist, begegnet uns im täglichen Leben, wenn wir die Details eines Gegenstandes in großer Entfernung mit unserem eigenen optischen Instrument, dem Auge, nicht mehr auflösen können.
Seit mehr als 100 Jahren ist bekannt, dass der Grund hierfür in der Wellennatur des Lichts liegt, das an jeder Linse gebeugt wird und dadurch das Signal verschmiert. Ein einfacher
Trick ermöglicht nun erstmals die Abbildung mit bisher für unmöglich gehaltener Schärfe mittels einfachen Fluoreszenzfarbstoffen und Standardmikroskopen selbst in lebenden Zellen.

Einblicke in die Zellstruktur

Farbstoffe ermöglichen uns in Verbindung mit Fluoreszenzmikroskopen faszinierende Einblicke in die Organisation und Struktur lebender Zellen und Zellverbände. Mithilfe verschiedenartiger fluoreszierender Proteine und neuer Markierungsstrategien für organische Farbstoffe gelingt es, fast jedes Biomolekül in einer Zelle zu markieren und somit selektiv zu beobachten. Eingeschränkt wird diese Beobachtung durch die Auflösungsgrenze der -Mikroskopie, welche die erreichbare Auflösung aufgrund der Beugung der Lichtwellen auf etwa die Hälfte der Wellen-länge des verwendeten Lichts, d.h. typischerweise auf ca. 300 Nanometer (nm) beschränkt. Hierdurch gehen wichtige Details, die für das Verständnis zellulärer Prozesse von ausschlaggebender Bedeutung sind, verloren. Wir müssen uns daher damit begnügen, dass wir nur oberflächlich räumliche Informationen erhalten können – Einblicke in die Zusammensetzung lebenswichtiger molekularer Fabrikhallen mit einer Größe von wenigen zehn Nanometern, d. h. mit einer Größe weit unterhalb der Beugungsgrenze, bleiben uns aber verwehrt.

Positionsbestimmung einzelner Moleküle zur Überwindung der Auflösungsgrenze

Ein Fluoreszenzmikroskop sammelt das durch die elektronische Anregung der Farbstoffe resultierende Fluoreszenzlicht und bildet das Signal mittels verschiedener Linsensysteme schließlich als Lichtfleck auf einem Detektor ab. Hierbei wird das Signal selbst eines einzelnen leuchtenden Moleküls mit einer Größe von wenigen Nanometern aufgrund der Beugung in einem Lichtfleck, der so genannten Abbildungsfunktion, mit einer Größe von einigen hundert Nanometern (entsprechend etwa der halben Wellenlänge des Lichts) abgebildet *(Abb. 1)*. Sind die einzelnen Lichtquellen (Fluoreszenzfarbstoffe) nicht weit genug voneinander -entfernt, so überlappen ihre Punktabbildungsfunktionen und eine Trennung ist nicht mehr möglich – die Strukturinformation geht verloren. Wissen wir aber, dass die gemessene Abbildungsfunktion von einem einzelnen Farbstoff stammt, dann können wir die aus dem Fluoreszenzsignal erhaltene Punktabbildungsfunktion mathematisch mithilfe einer Gaußfunktion anpassen und die genaue Position des Moleküls bestimmen. Die Genauigkeit der Lokalisation eines Farbstoffmoleküls hängt hierbei hauptsächlich von der -Signalintensität ab, d.h. der Zahl der detektierten Photonen und gelingt unter Standardbedingungen mit einem Fehler von wenigen Nanometern. Mit diesem Trick ist es möglich, die Position eines einzelnen Moleküls auf wenige Nanometer genau zu bestimmen, auch wenn aufgrund der Beugung eine deutlich breitere Abbildungsfunktion beobachtet wird.
Die Situation ist ähnlich der einer Luftbildaufnahme eines Gebirges aus sehr großer Höhe. Beispielsweise erkennen wir einen Gebirgszug, können aber keine einzelnen Berge erkennen. Wenn es uns aber gelingt, einen einzelnen Berg zu erkennen, dann können wir dessen Position ganz einfach durch die Lokalisation der Bergspitze mit hoher Genauigkeit
angeben.

Gezieltes An- und Ausschalten lokalisiert einzelne Moleküle

Der Schlüssel zur Erhöhung der Auflösung liegt also darin, die Signale der einzelnen Fluoreszenzfarbstoffe, welche in ihrer Gesamtheit ein Bild darstellen, zeitlich zu kontrollieren und somit zu trennen. Dabei muss darauf geachtet werden, dass gleichzeitig nur Farbstoffe fluoreszieren, die weiter als das Beugungslimit voneinander entfernt sind und somit als einzelne Moleküle erkannt werden können. Dies ist in etwa vergleichbar mit einem großen Ozeandampfer, der bei gleich-zeitiger Beleuchtung aller Kabinen in -weiter Ferne auf dem Meer als einzelner Lichtfleck erscheint. Würde nun das Licht in jeder Kabine einzeln und für eine kurze Zeit angeschaltet, so könnte die Position jeder Kabine genau bestimmt werden. Nachdem alle Lichtsignale lokalisiert wurden, kann ein genaueres Bild der räumlichen Anordnungen der Kabinen rekonstruiert werden, als es möglich wäre, wenn alle gleichzeitig erleuchtet sind. Dieser Prozess muss im Falle einer Bewegung des Schiffes natürlich schnell genug stattfinden, da es ansonsten zu einer Verschmierung der Auflösung kommt.
In der Fluoreszenzmikroskopie gelingt dies mit optisch schaltbaren Farbstoffen: Bestrahlt man diese mit Licht einer geeigneten Wellenlänge, so werden die -meisten von ihnen ausgeschaltet. Nur einige wenige dieser schaltbaren Sonden verbleiben in ihrem fluoreszierenden Zustand. Ihre Position wird exakt bestimmt und auch sie werden mit Licht wieder ausgeschaltet, bevor der nächste Zyklus beginnt, in dem wieder einige andere Schalter durch Bestrahlung mit Licht einer anderen Wellenlänge in ihre fluoreszierende Form überführt werden. Zur exakten Positionsbestimmung einzelner fluoreszierender Schalter werden die Zentren der detektierten Abbildungsfunktionen (point spread functions, PSFs) der einzelnen Farbstoffe mithilfe einer mathematischen Anpassung (2D-Gaußfunktion) in Abhängigkeit von der Photonenausbeute (Statistik) bestimmt. Damit wird die genaue Position der Farbstoffmoleküle bestimmt. Dieser Prozess der Lokalisation wird mehrere tausend Mal wiederholt und schließlich wird aus allen Koordinaten einzelner Moleküle ein Bild rekonstruiert *(Abb. 2).* Hierdurch kann man die Beugungsgrenze auf einfache Art und Weise umgehen und dSTORM-Bilder (direct stochastic optical reconstruction microscopy) mit einer optischen Auflösung von weniger als 20 Nanometern unter Routinebedingungen erhalten [1,2].

Ein universeller Schaltmechanismus ermöglicht die Verwendung konventioneller Farbstoffe selbst in lebenden Zellen

Leider standen bisher nur wenige optisch schaltbare Farbstoffe zur Verfügung, die zudem für einen Einsatz in der hoch- -aufgelösten Fluoreszenzmikroskopie meist noch die Entfernung von Sauerstoff aus dem Medium erforderten. Angetrieben durch die große Bedeutung der -superaufgelösten Fluoreszenzmikroskopie für die Biologie und Medizin haben wir eine neue Methode entwickelt, mit der es gelingt, die meisten kommerziell erhältlichen Fluoreszenzfarbstoffe als
Fotoschalter einzusetzen. Fluoresceine, Rhodamine und Oxazine (die meisten Alexa Fluor und ATTO-Farbstoffe) können nun reversibel und hocheffizient zwischen einem fluoreszierenden „An-Zustand“ und einem nicht fluoreszierenden „Aus-Zustand“ durch Bestrahlung mit Licht von nur einer Wellenlänge und unter physiologischen Bedingungen geschaltet werden *(Abb. 3)*. Die Methode basiert darauf, dass sich die meisten im sichtbaren Spektralbereich absorbierenden und fluoreszierenden Farbstoffe in Gegenwart millimolarer (mM) Konzentrationen reduzierender Thiolverbindungen wie Mercaptoethylamin (Cysteamin) oder Dithiothereitol (DTT) durch einen lichtinduzierten Prozess in einen sehr stabilen Aus-Zustand überführen lassen *(Abb. 4a)*. Der An-Zustand wird durch Oxidation mit molekularem Sauerstoff (der in einer Konzentration von ca. 250 µM bei Raumtemperatur in Wasser gelöst ist) wieder bevölkert. Die einfache Erzeugung und Stabilität des Aus-Zustandes ist für die Methode von ausschlaggebender Bedeutung, da es nur so gelingt, dass die Mehrzahl der Farbstoffe zu jeder Zeit im Aus-Zustand verweilt und so nur eine Subpopulation weniger einzelner Farbstoffe „aktiv“ (im An-Zustand) ist.
Ein entscheidender Vorteil unserer Methode liegt in der Tatsache, dass Zellen ebenso ein antioxidatives Schutzsystem, basierend auf Glutathion (ein thiolhaltiges Reduktionsmittel) und einigen Enzymen, besitzen. Somit können die meisten Fluoreszenzfarbstoffe unter zellulären Bedingungen ebenso für die superauflösende Mikroskopie nach dem dSTORM-Prinzip eingesetzt werden *(Abb. 4b)*.
Der Vorteil der neuen Methode liegt einerseits darin, dass auf einfache Art und Weise superaufgelöste Fluoreszenzbilder mit konventionellen Farbstoffen im sichtbaren Bereich von ca. 480–700 nm unter physiologischen Bedingungen aufgenommen werden können. Andererseits kann sie an jedem Standard-Weitfeld-Fluoreszenzmikroskop zur Beobachtung selbst lebender Zellen mit einer routinemäßigen Auflösung von deutlich weniger als 50 Nanometer realisiert werden [2].

Literatur
[1] Heilemann, M. et al. [2008] Angew. Chem. Int. Ed. 47, 6172-6176.
[2] Heilemann, M. et al. [2009] Angew. Chem. Int. Ed., in press.

Stichwörter:
Mikroskopie, superauflösende Mikroskopie, superaufgelöste Fluoreszenzbilder, Fluoresceine, Rhodamine, Oxazine

L&M 4 / 2009

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 4 / 2009.
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