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Elektronischer Bio- Nachweis

Mit organischen Halbleitersensoren chiralen Verbindungen auf der Spur

Chirale Verbindungen sind bedeutend für viele biochemische Prozesse in Enzymen, Antikörpern und in molekularen Rezeptoren. Daraus ergeben sich wiederum zahlreiche Anwendungen für die Synthese zur Herstellung von Rohstoffen und Wirkstoffen in Chemie und Pharma.

„Luisa Torsi ist für ihre Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der organischen, halbleitenden Chemiesonden auf der Basis organischer Dünnfilm- Feldeffekttransistoren bekannt. Diese Sonden gestatten hochempfindliche Analysen und ermöglichen Messungen chiraler Substanzen in extrem niedrigen, bisher noch nicht messbaren Konzentrationen [1].“

Es besteht ein beachtlicher Bedarf an schnellen, zuverlässigen, extrem empfindlichen und hochselektiven Erfassungsmethoden zur Bestimmung zahlreicher, chemischer und biologischer Spezies, welche die menschlichen Lebensbedingungen sowohl positiv, als auch negativ beeinflussen. Angefangen von der Gärungsüberwachung bei der Herstellung alkoholischer Getränke bis zur Auffindung von Landminen oder Früherkennung von Alzheimer-Erkrankungen, sind diese chemisch- biologischen Technologien ständig auf der Suche nach Verbesserungen und Anpassungen zur preiswerten, mobilen (vor Ort) Echtzeiterfassung dieser wichtigen Substanzen. Viele aktuelle Technologien, die einige dieser Anforderungen erfüllen, sind bereits sehr leistungsfähig.

Sie schließen Massenspektrometrie, mehrere Spektroskopieanwendungen (wie Infrarot-, Fluoreszenz-, Raman-, usw.), Flüssig- oder Gasphasenchromatographie, enzymgebundene Immunosorbent-Tests (ELISA) [2] und andere ein. Obwohl diese Methoden zuverlässig sind und hohe Durchsatzraten aufweisen, erfordern sie umfangreiche Probenvorbehandlungen, wie Inkubationsphasen, Reinigungen oder Effektverstärker. Das Markieren des Bio-Analyten, wie beispielsweise das des HIV-Virus, wird benötigt, um die Weitergabe der Bio-Erkennung, eventuell mit zusätzlichen Probenmanipulationen, zu ermöglichen, bevor die eigentliche Analyse durchgeführt werden kann. Wenn optische Erkennung verwendet wird, werden außerdem kostspielige Spezialsysteme benötigt, deren Miniaturisierung auf technologische Schwierigkeiten stößt. Derartige Methoden sind derzeit also hauptsächlich für zeit- und ressourcen-intensive Labordiagnosen geeignet. Das Interesse an Sofort-Analysen am Behandlungsort, in der Arztpraxis oder sogar in der Patientenwohnung, zur einfachen, preiswerten, schnellen und trotzdem zuverlässigen Analysenerstellung wächst daher ständig. Die direkte, elektronische Bio-Erkennungs-Weitergabe ohne die langwierigen Laborprozesse bietet eine interessante Alternative zur Erzielung echter Miniaturisierung und einfacher Datenverarbeitung.

Niedrige Kosten und vielseitige Verwendbarkeit kommen hinzu, wenn organisch-elektronische Bauelemente, wie organische Feldeffekttransistoren (OTFT) als Signalwandler [3] eingesetzt werden. Vor kurzem haben OTFT Biosensoren tatsächlich die Möglichkeit geboten [1], sehr hohe Leistungen zu erzielen, während es organische Elektronik ermöglicht, Detektorschaltungen auch als Gatterkonfiguration [4] auf flexiblen Substraten wie Kunststoff oder sogar Papier kostengünstig in Drucktechnik herzustellen. Dieses kann interessante Perspektiven für die Entwicklung von Papierteststreifen eröffnen, die niedrige Kosten und Zuverlässigkeit mit kennzeichnungslosem, elektronischen Nachweis und Datenverarbeitung vereinen. Ein schematisch in Abbildung 1 dargestellter Dünnfilm-Transistorsensor wird auf einem flexiblen Substrat in günstiger Drucktechnik hergestellt. Die Sensorschicht besteht aus einem organischen Halbleiter, der direkt mit Membranproteinen interagiert,, die in eine Lipid- Doppelschicht eingebettet sind, die dem Bio-Rezeptor quasi eine natürliche Umgebung bieten. Der organische Halbleiter ist kapazitiv mit einem Gatternichtleiter verbunden, der an der Schnittstelle zwischen der organischen Dünnschicht und dem Gatternichtleiter ein elektrisches Feld induziert. Schichten mit hohen Dielektrizitätskonstanten gestatten es, den OTFT sogar in Flüssigkeiten [5] unter Niederspannung mit kleinsten Leistungen zu betreiben.
Das Kanalmaterial dieser Vorrichtung besteht effektiv aus einem organischen Dünnfilm-Transistor und einer Phospholipid-Doppelschicht, in der die Rezeptor-Proteine eingebettet sind, die zur Erkennung der zu analysierenden Substanz, dem Analyten, dienen. Wenn der OTFT mit der Analytenlösung in Kontakt kommt, kann eine Änderung der Ausgangskennlinien festgestellt werden.

Die Immobilisierung des biologischen Erkennungselements wird durch in Liposomen eingebettete Proteine erzielt, wobei die Liposome künstliche, als Vesikel organisierte Lipid-Doppelschichten sind, die für die Biomoleküle eine nahezu natürliche Umgebung bilden. Die Ausbreitung der kleinen Lipid-Vesikel auf einem festen Untergrund erlaubt deren Selbstgruppierung in flüssigen, planaren Doppelschichten, welche die ausgewählten Proteine [6] beinhaltet.
Die in Abbildung 1 veranschaulichte, derzeit noch in Entwicklung befindliche Anordnung [7] stammt aus vor kurzem veröffentlichten OTFT Sensor-Ergebnissen [3] mit einem chiralen, organischen Halbleiter. Die Struktur dieser Anordnung ist in Abbildung 2 dargestellt. Es konnte nachgewiesen werden, dass diese Sensoren höhere Empfindlichkeiten aufweisen, die zur differentiellen Erkennung von Citronellol Enantiomeren in ppm Konzentrationen mit gut reproduzierbaren Ergebnissen geeignet sind. Die damit erreichte Güteklasse ist in der Tat um 3 Größenordnungen höher als alle zuvor erreichten Ergebnisse. Dieser Fortschritt ist der Feld-verstärkten Empfindlichkeit zu verdanken, die sich einstellt, wenn der Sensor als Dünnfilmtransistor (TFT) betrieben wird. Die Verkleinerung bis in den Nanometerbereich der organischen Dünnfilmtransistoren (OTFT) ist eine andere Möglichkeit, die Empfindlichkeit weiter zu steigern. Auf diese Weise können einzelne Moleküle aufgespürt werden, was jedoch sehr anspruchsvolle, technologische Lösungen voraussetzt.
OTFT in mit Low-Cost Technologien gefertigten Mikron-Bauelementen können erhöhte Empfindlichkeit bieten.
Insbesondere für Konsum-Sensorsysteme ist der Kostenfaktor ja von ausschlaggebender Wichtigkeit. Die diesbezüglichen Vorteile organischer Elektronikbauteile sind weithin bekannt. Die OTFT Sensortechnik kann vollen Nutzen aus der schnellen Entwicklung im Bereich der organischen Elektronik ziehen, da OTFTs bereits in komplementären Metalloxid-Halbleitern (CMOS) und in flexiblen Kunststoffbildschirmen implementiert wurden [8].

torsi@chimica.uniba.it

Abb. 1 Herstellung eines Dünnfilm-Transistorsensor auf einem flexiblen Substrat in Low-Cost Drucktechnik. Die Sensorschicht besteht aus einem organischen Halbleiter, der direkt auf einer Proteinmembrane aufgebracht ist, die ihrerseits in einer Lipid-Doppelschicht eingebettet ist, die für den Biosensor einen fast natürlichen Lebensraum bildet. Die Schicht mit hoher Dielektrizitätskonstante gestattet den Betrieb des Bauteils mit Spannungen unterhalb einiger Volt. Typische Strom-Spannungskennlinien werden auch angegeben.

Abb. 2 Struktur der chiralen OTFT Sonde (siehe auch Literaturhinweis Nr. 1)

Literatur

[1] L. Torsi, G. M. Farinola, F. Marinelli, M. C. Tanese, O. Hassan Omar, L. Valli, F. Babudri, F. Palmisano, P. G. Zambonin, F. Naso, “Field-effect sensitivity enhanced bilayer chiral sensor,” Nat. Mater. 7, 412, (2008).
[2] A.M. Bailey, D.J. Mitchell, K.L. Manjunath, G. Nolasco, C.L. Niblett, “Identification to the species level of the plant pathogens Phytophthora and Pythium by using unique sequences of the ITS1 region of ribosomal DNA as capture probes for PCR ELISA,” FEMS Microbiol Lett. 207(2), 153-158, (2002).
[3] L. Torsi, A. Dodabalapur, “Organic Thin-Film Transistors as Plastic Analytical Sensors,” Anal. Chem. 77(19), 380 A–387 A, (2005).
[4] T. Someya, T. Sekitani, S. Iba, Y. Kato, H. Kawaguki, T. Sakurai, “A large-area, flexible pressure sensor matrix with organic field-effect transistors for artificial skin applications,” PNAS 101, 9966-9970, (2004).
[5] M. E. Roberts et al., “Water-stable organic transistors and their application in chemical and biological sensors,” PNAS, 105(34), 12134-12139, (2008).
[6] P. S. Cremer and S. G. Boxer, “Formation and Spreading of Lipid Bilayers on Glass Surfaces,” J. Phys. Chem. B, 103, 2554-2559, (1999).
[7] M. D. Angione, A. Mallardi, G. Romanazzi, G. P. Suranna , P. Mastrorilli, D. Cafagna, E. De Giglio, G. Palazzo and L. Torsi, “Membrane Proteins Embedded in Supported ipid Bilayers Employed in Field Effect Electronic Devices,” Proceedings “Third IEEE International Workshop on Advances in Sensors and Interfaces” 218,
(2009).
[8] L. Torsi, M.C. Tanese, B. Crone, S. Deepak, A. Dodabalapur. Session 6.2 pag. 507-528 In “Organic Thin-Film Transistors” Z. Bao and J. Locklin Eds. CRC Press - Taylor & Francis Group (2007).

L&M 6 / 2010

Diese Artikel wurden veröffentlicht in Ausgabe L&M 6 / 2010.
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